JAM - wieder so ein Gutmensch-Konzept für Afrika?
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Dieser Artikel beschäftigt sich, obwohl für die Verlinkung gesponert, mit einem Thema, das mir schon auch sehr am Herzen liegt. Es geht um die Unterstützung oder "wie hilft man angemessen und nachhaltig".
JAM Schweiz ist seit der Gründung 2006 ein junges Fund-Raising-Projekt einer Einzelperson, das in Südafrika ansässige Personen, die JAM Begründer, finanzieren hilft. Die genannten Personen sollen in verschiedenen Projekten Kinder ernähren, sie ausbilden, Projekte mit Mikrokrediten fördern - und das natürlich mit dme Geld von auswärts, sprich von uns. Laut der publizierten Rechnung erhalten CHF 66 ein Kind dort unten am physischen Leben. Deshalb die Aufforderung von JAM Schweiz, ihnen die CHF 66 zu übermitteln.
Dies ist die Ausgangslage, zu der ich mir einige Gedanken machte, bevor ich es überhaupt akzeptierte, eine Rezension darüber zu schreiben.
Im Kern ist JAM einfach einer von vielen Versuchen, mit externem Geld zu glauben, Afrika in irgendeiner Art und Weise zu helfen. Da wohl keiner der Spender zu den JAM-Gründern runterfliegt und den Einsatz seiner Spende kontrolliert, ist es also wieder mal Glaubenssache, ob man denkt, dass das Geld möglichst verlustfrei eingesetzt wird. Ein anerkanntes Zertifizierungslabel ist auf der Website nicht zu finden.
Auf der Website des JAM-Projektes werden einem die üblichen Allgemeinplätze serviert, dass wir in einer Überflussgesellschaft leben (was ja auch nicht für alle stimmt, siehe "Randständige"), dass es Nahrungsmittel zur Genüge gibt (was sicherlicher stimmt, siehe jeweils Migros und Coop vor Ladenschluss oder Jean Zieglers UNO-Ernährungsbericht) und dass es uns wenig kostet, jemanden mit Geld zu unterstützen (womit die arme Seele beruhigt schla(raf)fen kann).
Wohlgemerkt, ich unterstütze Projekte in verschiedenen Regionen der Welt genauso "nur mit Geld von hier aus", sie mögen vielleicht von der sicher auch nicht schwindsuchtfreien Unesco aus gehen und im armen Osten wie Rumänien, Bulgarien statt des phanstasietreibenden Afrika durchgeführt werden, und sie sind genauso wenig konkret dargestellt. WENN sie klappen, DANN ist es ja wunderbar. Die Frage ist halt, ob es angemessen und vor allem nachhaltig ist, ob sie Lernprozesse anstösst oder die Stagnation einfach am Leben erhält.
Mir scheint wichtig, dass das Lokalitätsprinzip befolgt wird. Also lokal helfen, sich zu helfen. Was JAM macht, ist Entwicklungshilfe. Und zu der sagte letztens sogar ein Afrikaner - ich glaub anlässlich des WEF - "Stop that. It doens't help us. On the contrary". Im Gegenteil. Es musste wohl ein Schwarzer sein, der das sagten durfte, ohne grad in der Luft zerrissen zu werden, einem Weissen wäre wohl übelster Rassismus oder Apartheid vorgeworfen worden. Ich stimme ihm zu und freue mich, dass sich so eine Stimme mal aus Afrika selbst erhebt.
Im Schweizer TV kam letztens eine Dokumentation über die Folgen der Land-Enteignung in Zimbabwe, die von Mugabe zum Wahlerfolg genutzt wurde, nach seiner Ernennung allerdings versackte in profanem Klandenken, Vetterliwirtschaft halt. Die gut funktionierenden, von Weissen betriebenen Landwirtschaften wurden in seine Familie verteilt und die wirklich gut arbeitenden und ausgebildeten schwarzen Angestellten gefeuert, teilweise gefoltert, gar ermordet unter dem Vorwurf des Fraternisieren, so dass sie nun zwar im eigenen Land von den Weissen befreit leben, dafür keine Arbeit und auch keine Perspektive mehr haben. Desmond Tutu sagte im TV sehr bedrückt, dass Zimbabwe von einem wirtschaftlichen Paradies in eine Hölle abrutschte.
So, auch wenn das ein Einzelfall sein mag, es gibt Literatur, die halt nicht so angepasst romantisch ist, die sich beschäftigt damit, wieso Afrika auch Jahrzente nach den sicherlich in vielen Hinsichten entmündigenden Kolonisationszeiten nicht vom Fleck kommt. Da werden die hausgemachten Probleme erwähnt, die von keinen anderen als von den Einwohnern überwunden werden können. Da hilft kein Geld, kein guter Wille.
Wie also hilft man am besten? Ist ein Projekt wie JAM wirklich sinnvoll? Natürlich kann man wieder Mutter Theresa zitieren mit ihrem leicht moralisierenden Spruch. Der mag ja auch stimmen, aber solange man nur Einzelschicksale adressiert, werden strukturelle Probleme nicht gelöst. Und Afrika leidet meiner Meinung nur darunter. Afrika sei ja der fruchtbarste aller Kontinente.
Es ist weiterhin meines Erachtens typisch für die sogenannt erste Welt, dass sie gerne die lokalen Herausforderungen übersieht und ihr Wohlwollen fremden Kulturen aufdrängen will (Entwicklungshilfe, Irak-Krieg, Importzölle, Handelsbeschränkungen, Handelssubventionen etc.)
Wenn man jemandem helfen will, wieso nicht Pfarrer Sieber was vorbeibringen? Der kann's auch brauchen und - hey! - man kann den Erfolg erstens prüfen und eventuell kommt der Dank vom Unterstützten direkt zurück, denn der ist in Zürich, den kann man treffen! Ist das nicht schöner für die Seele als irgendwohin Geld zu schicken und so das Gewissen zu beruhigen?
Es gibt in der Schweiz genug Projekte und Leute, die Hilfe und Unterstützung mindestens genau so nötig haben wie Leute in Afrika, Rumänien, Turkmenistan etc. etc. Nur, damit ist halt für die eigene Seele kein Blumentopf zu gewinnen.
Die entlarvende Frage darf daher lauten: Was tue ich für meine unmittelbaren Mitmenschen? Und wenn's da düster aussieht, was ist also das finanzielle Engagement fürs entfernte Afrika wirklich?
Es ist meiner Meinung immer dieselbe Story: Gobal denken, aber hoffentlich lokal handeln. Oder landläufig zerscht mal vor dä eigene Türe wüsche.
Ob JAM Schweiz das Geld wert ist, kann ich nicht beurteilen. Ich hoffe es, denn natürlich finde ich es löblich, wenn sich dort unten Leute um ihre lokalen Mitmenschen kümmern. Wenn ich dort unten lebte, würde ich es wohl auch unterstützen, aber nicht mit Geld, sondern mit Mitarbeit. Dies ist meine Art.
So darf also wie immer jeder selbst entscheiden, welche Art der Unterstützung er/sie leisten kann.
Es ist für mich verblüffend, wie andere Blogger sich nicht die Mühe machen, zu lesen, was wirklich da steht. Der Trigami-Button reicht schon, um schubladisiert und erniedrigt zu werden. Das ist das Himmeltraurige, dass diese Leute so unglaublich oberflächlich sind und ihre Meinung dann noch für allgemeingültig halten. Wie soll die Welt je besser werden, wenn keine neue oder richtige Kommunikationskultur entwickelt wird.
Martin, ich danke dir für deine Rezension, du hast mir ein paar wichtige Denkanstösse vermittelt! Ostergrüsse von Katarina