Religionsstreit in der Fotografietechnik

Ich bin ja seit langer Zeit Digitalfotograf. Angefangen hatte ich mit den Camedia-Geräten von Olympus, weil die als erste meine damalige Bildschirmauflösung von 1024x768 lieferten. Dann die erste PowerShot von Canon, dann DSLRs von Olympus und Canon und Fuji, dann meine bisher einzige Non-DSLR die Sony R1.

An der Fuji S3 Pro finde ich den Dynamikumfang immer noch unerreicht von allen anderen Kisten, selbst den Flaggschiffen der Platzhirsche Canon und Nikon. Diese konnte und wollte ich mir auch nie leisten. Ich finde deren Profi-Kameras eigentlich einfach nur überteuert - sprich Markenpreise. Und dass Profis sie benutzen ... tja, das heisst ja nicht automatisch, dass sie angemessen bewertet sind.

Anyway, ich habe mir seit der Sony R1 keine Kamera mehr gekauft, weil diese erstens hervorragende Bilder lieferte und zweitens, weil ich die Annehmlichkeiten von schwenkbaren Live-Screens in den DSLRs erscheinen sehen wollte. Bevor ich die R1 hatte, waren Fotos aus ungewöhnlichen Winkeln oder mit dem Kopf hinter der Kamera unerreichbaren Situationen mit den DSLRs nicht machbar, bzw. es waren dann einfach Schüsse ins Blaue.

Natürlich will ich wieder eine DSLR, denn einen optischen Sucher kann ein LCD nie ersetzen. Und ich habe schon einige Situationen erlebt, wo ich kein einziges Foto machen konnte, weil der Sucher-LCD einfach viel zu träge ist und gar überhaupt nichts nützt, wenn der Autofokus nichts findet. Und wo hat man dies? In der Tier- und Sportfotografie.

So war es mir nicht klar, wieso Canon und Nikon sich einen Dreck um diese Dinge scherten und lieber gigantoteuere Bodies herstellen, diesen zwar auch den Bildschirm spendieren, aber diese nicht schwenkbar machten. Weiterhin regte ich mich an fast allen DSLRs auf, dass man die Nase plattdrückt, wenn man durch den Sucher blicken will. Die R1 hat ein verlängertes Sucherokkular, so dass Fotografieren bei der immer einfach und schmerz- und schmierenfrei war. Auf der Fuji sah nach einer Fotosession das hintere LCD jeweils aus wie Sau.

Also, nun scheint meine nächste DSLR erschienen zu sein, die Olympus E-3. Wie üblich gehe ich vor dem Kauf eines derart teueren Teils immer im Internet nach Kommentaren suchen. Und da bin ich auf ein Forum gestossen, wo sich 2-4 Leute richtiggehend an die Gurgel gehen von wegen ob das FullFormat (FF) oder das Four/Thirds (FT) das allein glückselig machende sei. Mittelformat mal ausgeschlossen.

Die haben sich da technische Details vor die Füsse geworfen - eine Diskussion zu diesem Thema hatte ich mit einem Freund auch: Er fragte mich, was denn ein gutes Foto ausmache, wovon die Galerien voll sind: Fotos mit Ausdruck, verrauscht, mit Korn, unscharf ... aber mit ungeheurem Ausdruck. Welche Fotos werden jeweils zu den Pressefotos des Jahres gewählt? Die Schärfsten? Die Rauschfreiesten? Die Farbtreuesten? Die mit der geringsten chromatischen Aberration? Sicher nicht, sondern die, mit dem berührendsten oder bedeutensten Inhalt. Wir alle kennen solche Fotos.

Ich habe mir letzthin am Heiligabend in der arschkalten Nacht die Finger am fast eingefrorenen Stativ angeklebt. Es liegt halt eben immer im Kofferraum bereit für Situationen wie diese. Die abendliche Inversionsschicht hielt den Nebeldeckel auf etwa 700 Meter, und der Vollmond beleuchtete dieses Meer - und ich war grad auf der richtigen Strandhöhe. Mystisch fast, wie im Nebel wandernde, leuchtende Wattebäusche die Autos verrieten, wie nicht ortbare Geräusche das Nebelmeer als wenig tragendes Medium entlarvten.

Ich habe mich da dann mit der Sony R1 abgemüht, manuelle 25 Sekunden Belichtung, ISO 160, zum Glück mit Selbstauslöserverzögerung, dafür mit Schiss, dass ein Auto ins Bild kommt. Und dem Misstrauen, was die Software in der Kamera aus dieser schweren Situation machte, denn die Belichtung ist ja durchaus schwierig mit einem weiss strahlenden Vollmond und dezenten Nebelmeerwellen. Vorweg gesagt, zufrieden bin ich nicht, ich hatte zwar einige Varianten gemacht, aber eigentlich sollte eine Kamera aufgrund des physiologischen Sehmodells einzelne Zonen individuell verstärken, also eine Art physiologisches Auto-ISO. Klar, es gibt Postprocessing für solche Sachen, aber ich habe eigentlich selten Lust, Fotos zu schönen. Würden Kameras selektiv verstärken können, würde ein Bild wohl mehr dem entsprechen, an das ich mich erinnere.

Das kam so auf die Schnelle und die Kälte raus. In mir als Fotograf bleibt das erlebte reale Bild. Und das Foto bringt es in mir wieder zu voller Strahlkraft. Und nur das sollte doch ein Foto erreichen: Etwas in uns anklingen lassen.

Einen guten Rutsch wünsche ich allen. Vielleicht grad in einer kalten und klaren Winternacht irgendwo?

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