Wie schön ist doch der Frühling!

Der Frühling kommt und man hört ihn. Hören? Wenn man nicht in der Stadt auf ihn wartet, sondern in der Natur draussen ihm entgegengeht ... ich war heute etwas in den Hügeln um meinen Wohnort rum. Zuerst hingefahren, dann einige Meter gegangen, eine Bank gefunden, mich auf die gelegt, die Jacke als Kissen. In den Himmel geschaut, hellblau, mit weissen Gazen ... und eben gehört.

Zuerst das Fehlen der Zivilisationsgeräusche, dann die Vögel, ein Kuckuck. Fortlaufend, begleitend zum Aufklingen eines konstant und doch immer abwechselnd rauschenden nahen Waldbaches. Einlullend, sogar einschläfernd totz stetigem Wechsel.

Unaufdringlich schwebte der Duft von Holz und Blüten heran und in die Nase, fast zu fein zu bemerken und doch da, sobald sich das Bewisstsein ihm hinwendet.

Ich genoss es, drehte den Kopf zur Seite und erlaubt mir, die Augen zu schliessen und nur noch zu riechen und zu hören. irgendwo auf einem Hof Kinderstimmen voller Lebenslust im Spiel aufgellend, lachend. Ab und an ein Hund bellend, ja sogar ein Traktor- oder Autogeräusch passte harmonisch in dieses Bett vieler dezenter Geräusche, ab und an durchdrungen vom Lauten Zirpen eines nahen Überfliegers.

Ich fühle mich zuhause.

Und ich schlief wohl ein. Für eine halbe Stunde.

Als ich aufwachte, fühlte ich mich total gestärkt, aufgeladen von der unermesslich fliessenden Energie, in die ich mich begab: die Natur.

Sie ist da, lebt ihre Abläufe, unterordnet ihre Lebewesen den kosmischen Abläufen, die auf dieser Erde und in unseren Breitengraden für die Jahreszeiten sorgen, für einen neuen Aufschwung der Lebenskräfte. Individuen oder besser Individualismus spielen keine Rolle, die grossen Kreise herrschen.

Die Sonne stand schon weiter unten, machte die Hügel durch ihr Schattenspiel plastisch und wärmte weniger. Sie ist natürlich auch jetzt der grosse Lenker für diese Welt der Materie. Scheinbar immerwährend bemisst sie unsere Gezeiten, gibt der Natur den Rhythmus, an den sie sich schon so optimal gewöhnt hat.

Hier spüre ich die grösseren Zusammenhänge, die die mich global denken lassen, die mich die Welt erfahren lassen. Nur einige wenige Quadratmeter sehend, erklärt sich mir das Zusammenspiel aller Beteiligten dieser ganzen Welt ohne Worte.

Kein Mensch muss Wissenschaftler sein, um zu erkennen. Es braucht nur Bereitwilligkeit und Konsequenz. Dann wird diese Natur ihre Kreise auch weiterhin so ziehen können, dass wir von ihr nicht belastet werden. Für sie spielt das Verschwinden einiger paar Tausend Exemplare einer Rasse oder gar einiger Hundert Rassen keine Rolle, ihr System, ihre Regeln werden sie am Kreisen halten.

Aber wir, die wir an Meeresküsten wohnen, Abhänge besiedeln, Lebensraum einengen, uns nicht um Bedürfnisse der anderen kümmern, geschweige denn der Natur, wir werden von ihren eventuell zu eiern beginnenden Kreisen erwischt.

Unsere Küstenhäuser werden überflutet, die Chalets an den Hängen vom Abgang des Bodens oder gar Gesteines zermahlen. Der Natur spielt es keine Rolle, ob auf den Südseeinseln ein paar Tausend Menschen im Tsunami ertrinken, einige Dutzend Leute bei uns in einer Morastmoräne untergehen. Aber wir, die Individuen, wie sehen wir das? Wenn wir betroffen sind?

Schreien wir dann auf, wollen die Loyalität aller Menschen? Und waren zuvor illoyal? Zur Natur, die allen Menschen die Lebensgrundlage bietet? War es uns nicht oft egal, welche Monokulturen unsere Ananas braucht? Wie der Raubbau weit weg dort diese eine Natur belastet, die Bergwerke für unsere Werkstoffe ihre Giftabwässer in diese eine Natur entleeren, Erdölfelder in Afrika ganze Landstriche dieser einen Natur verwüsten? Über Gebühr? So dass die Natur notgedrungen ihre Kreise erweitern muss?

Ich möchte noch oft auf einer Bank liegen und nur laue Lüfte mir Düfte zutragen lassen. Es ist einfach zu schön. Ich wünsche, dass jeder im Frühling nicht nur die Hormone bemerkt, sondern auch noch das Gehirn durchlüftet.

Verwandte Blog-Einträge

Kommentare (Kommentar-Moderation ist aktiv. Ihr Kommentar erscheint erst nach Prüfung.)
Katarina's Gravatar Wie ich jedes Jahr wieder glücklich bin, wenn's Frühling wird! Ich freue mich über deine Gedanken... und ja, du hast schon Recht: Die Natur ist auf uns nicht angewiesen! Die Erkenntnis, dass wir umgekehrt aber nicht ohne die Natur leben können, scheint sich mindestens im Moment ja doch noch durchzusetzen (auch wenn hinter der Erkenntnis vermutlich vorwiegend wirtschaftliche, also in negativem Sinn eigennützige Überlegungen stehen). Ich wünsche dir noch einen schönen Tag! Katarina
# Erfasst von Katarina | 08.04.07 12:20
Martin's Gravatar Es gibt kein Gut oder Schlecht. Im "negativen Sinne" ist Deine Bewertung und enthüllt Dein Denken. Mit emotionalisierten Begriffen kann man anders wertende Leute nicht zu einer Diskussion einladen. Es geht bei mir meistens besser, wenn ich die Einzelperson gerade in der Natur draussen treffe und mich mit ihr austausche. Das ist dann meine Leistung, sie überhaupt dorthin zu bewegen. Wenn wir uns dann dort über Essentielles unterhalten und ich ihn konfrontieren kann, er solle sich ernsthaft überlegen, was er seinen Nachkommen überlassen will, ja, wie und in welcher Umgebung er seine restliche Zeit erleben will ... dann soll er für sich entscheiden, wie er seine Zukunft gestalten will. Mehr kann man nicht tun, ausser die Bereitwilligkeit eines Menschen ansprechen, denn nur auf der basieren nachhaltige Taten.
# Erfasst von Martin | 08.04.07 15:54
Katarina's Gravatar Nun, macht ja nichts, wenn das mein Denken enthüllt. Ich kann einfach nicht alles und jedes in positive Gedanken hüllen. Die Profitgier von ein paar Mächtigen (politisch, wirtschaftlich, finanziell), die sich immer weiter bereichern auf Kosten all der Menschen, die bspw einen Vollzeitjob haben, aber davon nicht leben können, macht mir wirklich zu schaffen - ganz zu schweigen von all jenen, die bspw. hungern, weil andere nicht bereit sind zu teilen, was sie haben! An und für sich hätte es doch genug für alle (ja, ich kenne die Geschichte: Man soll einem Hungernden nicht nur einen Fisch geben, sondern ihn Fischen lehren!).
Ich werde einfach das Gefühl nicht los, dass einige zwar tatsächlich langsam kalte Füsse bekommen, weil einfach nicht mehr zu übersehen ist, was wir der Erde, der Natur antun ... aber gar nichts dagegen haben, nun halt einfach mit Umweltschutz einen Haufen Geld zu machen, wiederum auf Kosten der weniger Begüterten (die deshalb noch lange nicht alle nur liebe, gute Menschen sind, ich weiss). Die Sklaverei ist heute doch gar nicht überwunden, sie hat nur ein anderes Gesicht bekommen und gibt sich umweltfreundlich und sogar ein wenig sozial.
Natürlich kann ich als eine, die auf einen Brotjob angewiesen ist, diesen als Geschenk ansehen, und selbstverständlich werde ich meine Arbeit jederzeit nach bestem Wissen und Gewissen tun. Ich kann auch meiner Krankheit durchaus Positives abgewinnen, wäre aber trotzdem lieber gesund.
Ich kann negative Kräfte einfach nicht "positiv reden". Und jaja, ich weiss auch, wieviel Geld die Reichen für wohltätige Zwecke spenden und dass es möglicherweise letztlich völlig egal ist, welche Intention dahinter ist. Hauptsache, es wird geholfen. Fragt sich nur, auf welche Art Hilfe wirklich hilft und damit auch nachhaltig sein kann. Es gibt gelungene, gute Beispiele, aber meist ist es ein Tropfen auf den heissen Stein - aber es gibt keinen Grund, dafür nicht dankbar zu sein, und ich gönne allen Spendern ihr beruhigtes Gewissen. Es wird nur am Grundproblem nichts ändern...
Einen schönen Tag noch, und liebe Grüsse,
Katarina
# Erfasst von Katarina | 09.04.07 09:27
Martin's Gravatar Wie ich schon andeutete, es gibt weder Gut noch Schlecht. Dass dem so ist, lässt sich leicht beweisen - ich denke, jeder Mensch kann genug Beispiele aus der eigenen Geschichte anführen, die das erlauben. Wenn nicht, kann ich ihm die Impulse schon geben.

Also muss auch kein Mensch andere mit guten Gedanken einhüllen, wie Du sagst. Er kann es ja auch nicht - und es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch nicht seine Aufgabe. Es ist eine Erfahrung, die man machen kann, was diese Welt und das Universum darstellen. Es erleichtert dann das Einordnen, was das alles soll, das, was Du und andere (ich früher auch) ankreidest. Es ist dann vielleicht gar kein "Grundproblem" mehr.

Weisheit war schon immer auch auf diesem Planeten. Buddha war wohl die wichtigste Erscheinung, die den Menschen nahelegte, diese Erfahrung zu machen. Wer das will, findet überall Leute, die einem das zeigen können. Diese Erfahrung ist halt mit dem Verstand nicht erfassbar, der verzweifelt an der für ihn unerklärlichen Welt.
# Erfasst von Martin | 10.04.07 04:08
BlogCFC was created by Raymond Camden. This blog is running version 5.9.8.012. Contact Blog Owner