Deutschland - Quo vadunt tuae leges?
"Das Märchen vom gerechten Staat" so hiess gerade die Sendung, die ich gesehen habe. Eine sehr schöne, aber äussert bestürzende Darstellung der Situation des Steuerrechts in Deutschland. Ich war ja diesbezüglich nicht naiv, aber was da aufgetischt wurde, haut jedem Diamantfass noch den Boden aus.
Dass Steuerrecht dazu benutzt wird, zu steuern, aber das Volk, das ist nicht ganz neu. Dass es allerdings so deutlich benutzt wird, um dem Bürger so offensichtlich die Verachtung ins Gesicht zu blasen, das ist unerhört. Die gezeigten Beispiele gerade bezüglich Abschreibungstabellen und Abgaben waren nicht nur frech, das war einfach unglaublich und nicht nachvollziehbar. Wenn die Steuern bei verkauften frischen Tomaten zwischen 7% und aktuell 19% in Abhängigkeit der Trockenmasse schwankt, entbehrt jeder Zugänglichkeit über den gesunden Menschenverstand.
Dr. Kirchhof kam zur Sprache, der vor Jahren als letzter in einer beachtlichen Reihe eine radikale Steuervereinfachung durchsetzen wollte. Er ist nun totgeschwiegen, die heisse Kartoffel, die keine Partei mehr haben will, weil er natürlich nicht nur dem Volke helfen würde, sondern vor allem auch die drei Privilegien der jeweiligen Egosicht der Parteimitglieder bedroht, die nicht ebenfalls schon selbst nicht mehr sehen, dass diesen Privilegien anderweitig dutzende Nachteile real entstehen, von denen sie aber aufgrund der Komplexität des Steuerrechts gar nichts wissen, denn schliesslich haben sie die Steuererklärung schon längst einem Fachmann übergeben und zahlen eh nur noch, was der ihnen angibt.
Schlimmer noch ist aber, dass das Steuergesetz gegen die Verfassung verstösst. Das wurde ja vom höchsten Deutschen Gericht so festgestellt. Aber ändern tut sich nichts, denn dazu müssten dann im Konkreten die Lobbyisten ihre Macht loslassen.
Wieso schreibe ich darüber? Es geht mir darum, dass wir, das Volk, den Staat, den wir ja selbst bilden, in seine Schranken verweisen müssen, wenn er gegen die eigene Verfassung verstösst. Denn das aktuelle Verhalten des deutschen Staates gegenüber seinen Bürgern ist die eines geldgierigen Gozillas, der unter seinen tapsigen Schritten Dutzende seiner Bürger vernichtet.
Es ist fast nicht zu glauben, dass in den Finanzämtern normal denkende Menschen sitzen, wenn man sich die gezeigten Beispiele anhört. Da wurden 10-jährige Streitfälle aus Ansichtssachen. Ein Naturfilmer, der im Watt ein Boot hat, kann dieses nicht als Arbeitsmittel absetzen, weil das Finanzamt sich weigert, Atteste anderer Bundesstellen, Auszeichnungen der Arbeit des Filmers anzuerkennen, geschweige denn zu würdigen. So ein Fall kostet unter dem Strich nicht nur augenfällig den Filmer viel, sondern auch gnädig übergangen den Staat einiges.
Hier in der Schweiz gelingen Steuerreformen ebenfalls schon nicht mehr, weil sie an den stillen Interessenbewahrern scheitern. Auch hier kann schon lange keiner mehr wirklich gegen den Status quo angehen.
Aber es scheint mir, dass wir noch nicht so weit sind wie in Deutschland. Ich unterstütze nicht nur daher die Ansicht, dass der Staat schlank sein soll, seine Leistungen und Forderungen deutlich und klar und für jeden Brüger verständlich in einer Verfassung darlegen soll. So dass auch jeder Bürger in der Lage ist, den Staat auf seine Verfassungskonformität zu prüfen und nötigenfalls zu verklagen, ohne eine Hundertschaft von Fachjuristen aufbieten zu müssen, die er sich ja dann nicht leisten könnte.
Es ist schlimm, wie wir Bürger uns oft nicht mehr interessieren für den Staat. Dumm nur, dass wir ihm nachher ausgeliefert sind, denn in diesem Getriebe sind wir die kleinen Zahnrädchen, die einfach abgehobelt werden von den Grossen. Also sollten wir schon darauf achten, dass die grösseren nicht zu gross werden.
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