Dignitas rausgeschmissen - der Tod ist nicht quartiersfähig
Heute habe die Polizei in Stäfa die angemietete Wohnung der Sterbehilfe-Organisation Dignitas geleert, die Türschlösser ausgetauscht und die Wohnung versiegelt. Damit setzt sie den Willen der dortigen Quartierbevölkerung durch, die es nicht erträgt, dass aus der Sterbewohnung fast täglich ein Sarg getragen wird.
Im Lokal-TV sah man über die letzten Wochen immer denselben Typen, der diesen Wunsch ziemlich emotional vortrug. Nicht, dass er ausgerufen hätte, aber es war sehr deutlich zu spüren, wie er unter der eigenen Abweisung des Thema "eigener Tod" leidet. Die Todesangst ist halt die ultimative Angst.
Und wer sich natürlich sein Leben lang davor drückt, sich mal mit dem Tod zu beschäftigen - dem eigenen natürlich - schiebt diese emotionale Energie natürlich vor sich her. Und wie bei der Schneewalze wächst diese Ladung immer mehr.
Jetzt geht da also fast täglich ein Mensch in die Wohnung, oder wird hingebracht und verlässt sie nur noch im Sarg. Immerhin eine ruhige Sache, denk ich.
Das ist natürlich ein totaler Affront, vor allem, wenn es sichtbar ist, dass der Tod zum Leben gehört. Nur, was ist der Tod denn überhaupt? Weshalb haben wohl 99.9% der Menschen Angst davor? Müsste man eventuell mal darüber nachdenken, was Leben ist, was man selbst ist? Was ist der Mensch, was der Tod, wenn sein Körper sich während der 80 Jahren ja 12 mal total runderneuert hat? Gewisse Teile wie Darmschleimhäute sogar über 2000 Mal? Und was stirbt denn da? Merkt das Ich überhaupt, dass etwas stirbt? Dass Zellen sterben? Und neue nachfolgen? Sind diese paar Hundert Milliarden Zellen wirklich das Ich? Denn wer fürchtet sich denn vor dem Tod? Der Körper sicher nicht, der erlebt es ja immer. Es ist also das Ich, das sich fürchtet. Und woher stammt denn das Ich? Wie kam es zustande? Wie kommt es dazu, den Körper für das Ich zu halten, denn das tut das Ich ja offensichtlich? Wie kommt es auf die Idee, sich gegen einen natürlich Ablauf zu wehren?
Tja, die üblichen Fragen, die eigentlich erforscht werden sollten, statt sich in anderer Leute Leben einzumischen. Nur, in unserem Kulturbereich ist es nicht en vogue, sich diesen Fragen wirklich zu stellen. Oder dann wird es aufgeschoben aufs Alter (des Körpers). Und wer aufschiebt, schmeisst auch immer mal was auf die Halde, so dass die Konfrontation dann schon gewaltig sein kann, wenn man sich an den Fuss der angehäuften Halde stellt. Und dann lieber wieder den Schwanz einzieht.
So empfinde ich die irrationale Abwehr dieser Bewohner gegen Dignitas. In anderen Kulturen können Menschen würdiger sterben und werden nicht kategorisch aus dem Alltag verbannt.
So verstehe ich zwar die Bewohner dort, in ihrer derzeitigen Disposition, finde es jedoch enorm schade, dass sie dieser Konfrontation mit dem eigenen Tod ausweichen und stattdessen Pseudogründe vorschützen, wie, dass die Kinder Schaden nehmen könnten, wenn sie jeden Tag einen Sarg sehen.
Soso. Schon wieder eingemischt, seine eigenen Ängste übertragen und anderen in die Schuhe geschoben. So geht's natürlich nicht ... möchte man sich selbst entwickeln und zu Einsichten gelangen.
Aber eben, wer will das schon ... ;-)