Schweiz anerkennt Kosovo - zu früh?
Die Arena im TV hat diskutiert, über die Zeit sicher Tausende, wenn nicht Millionen. Ich habe das soweit im TV beobachtet, wie sich die Leute mit welchen Argumenten äussern.
Die älteren Politiker argumentieren oft aus der Geschichte, aus dem vermeintlichen Recht, dass, was immer so war, auch jetzt noch so sein soll. Das sind derzeit die Serben. Ich bin beileibe kein Balkan-Spezialist. Was ich zu wissen meine, ist, dass das Yugoslavien ein "zwangshafter" Staatszusammenschluss vieler Ethnien war, die dazu nolens volens genötigt wurden. Dieser Staat ist zerfallen, die Völker wollen ihre Wege gehen. Wer nun aus der Geschichte sch als Opfer und Täter darstellen will, ist mir soweit völlig egal - denn solche Grabenkämpfe bringen eh nie was. Für mich sind solche Argumentationen immer solche aus der Schwäche, wiewohl ich anerkenne, dass natürlich viele so denken und Vergangenes nicht vergangen sein lassen können. Das Festhalten an steinalten emotionalen Geschichten ist ein typisch menschliches Fehlverhalten.
Bei jüngere Politikern meine ich zu merken, dass sie viel weniger Zeit mit der gloriosen oder desaströsen Vergangenheit aufhalten. Sie sind viel pragrammatischer und zukunftsorientierter.
Sie erkennen, dass die Schweiz das Problem hat. Dass Serbien und Kosovo ihr Verhältnis selbst regeln müssen, damit ihre Leute in Ruhe leben können, scheint ihnen klar zu sein, und etwas weniger priöritär.
Wenn die dort unten nach wie vor ihre wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen nicht lösen können, ist das nur dann ein Interesse für die Schweiz, wenn die halt ihre Finger im Spiel, bei der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung, haben will. Statt im Mittelfeld zu warten mit der Anerkennung, hat sie sich nun halt zur frühen Anerkennung durchgerungen - auch hier gilt: wie auch immer das zustande kam (man lastet es ja weit herum der Micheline Calmy an).
Haben wir als Neutrale irgendeine Pflicht, jemanden zu bevorzugen, Kosovo? Jemanden vor den Kopf zu stossenm Serbien? Wenn wir es also tun, muss es jemandem nützen, denn diese beiden Staaten dort unten sind derzeit noch nicht wirklich in der Lage, halbwegs autonom zu sein.
Sind es wirtschaftliche Interessen? Wiederaufbau, Geldspritzen von irgendwelchen EU-Pfründen, die man sich einverleiben könnte? Einflussansprüche der Politiker? Einfluss, der sich ja dann nur wieder wirtschaftlich erkenntlich zeigen könnte?
Rechtsstaatliche Prinzipien auf Papier zu haben, ist noch fast gar nichts, erst die Akzeptanz der staatlichen Pflichten bei den Bürgern und vor allem deren Willensäusserung, so einen Staat zu wollen und zu bekommen, werden beweisen, ob sich lokale (War)Lords an der Macht halten können oder nicht.
Diese Umwälzung im Verständnis der Leute - will ich mit meinem Nachbarn in Frieden leben, auch wenn der nicht glaubt, was ich glaube, mehr hat/verdient als ich, anders lebt als ich, will ich dem Gemeinwesen eine gewisse Macht über mich und Befugnis zuweisen - ist von hier aus weder zu steuern noch wirklich zu beeinflussen.
Die Generationen fürs Lernen müssen diese Staaten einfach aufbringen. Man darf sich ja fragen, wie lange die westeuropäischen Kriege erst her sind. Nicht die beiden Weltkriege, sondern die früher, wo die Zersplitterung Europas viel stärker war.
So fällt es uns hier auf, dass Einwanderer aus dem Balkan ihre kulturellen Erfahrungen hier ausleben. Ein junger Politiker sagte in der Arena, dass wir genau hier das mit den hiesigen Einwanderer lösen müssen, denn hier ist es die Schweiz, die den Rahmen und die Möglichkeit bietet, dass die lernen können, was wir halt etwas früher lernten: mehr oder weniger tolerantes Zusammenleben.
Denn nur diese Leute, Secondos etc. könnten mit den hier gemachten Erfahrungen in ihren Ländern oder zumindest bei den hier lebenden Landsleuten Vorbildcharakter erlangen. Würde ich sowas zeigen wollen, so geht das nur bei denjenigen, die nicht auf Geschichte pochen und mir deren Unkenntnis nicht vorwerfen.
Würde mir einer vorhalten "Tja, DU hast ja nicht erlebt, was wir erleben mussten" und mich daher ablehnt, so habe ich keine Chance. Einer, der sich solidarisieren kann, weil er eben die Geschichte teilt, der hat eventuell Chance, Vorbild zu sein.
Wir also haben das Problem, dass wir nicht wissen, ob es nun sinnvoll war, früh anzuerkennen. Die Schweiz wird schon einige Retourkutschen einfahren, aber das wird uns im Alltag wohl kaum betreffen.
Nützt es den Leuten im Kosovo? Ich denke nicht, denn die sind ja offenbar unter der Knute der lokalen Machtgierigen. Die ändern sich ja wohl kaum, nur weil die Schweiz ein Gebiet anerkennt, was wohl nicht in ihrem primären Interesse ist.
Ich persönlich hätte gewartet. Denn ein Tatbeweis, dass sie nun einen Staat "schmeissen" können, ist ja noch nicht erbracht. Vielleicht ist er ja der Vorschusslorbeeren würdig, der Kosovo.
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