Der weise Profiler, Thomas Müller, zum Fall Amstetten

In der Rundschau erschien heute der österreichische Spezialermittler und Profiler Thomas Müller. Er habe schon Tausende von komplexen Fällen in vielen Ländern dieser Welt analysiert.

Was ich spannend fand, ist, wie die Moderatorin Frau Hasler ihm öfters ins Wort fiel, immer dann, wenn er etwas ausholen wollte oder etwas eben anders beleuchtete als es "normal" ist.

Der emotionale Druck, offenbar auch bei ihr, einer erprobten Medienarbeiterin, liess sie ihn unterbrechen oder vorschnell Worte in den Mund legen, die er dann aber nicht bestätigte.

Es ist offenbar für viele Menschen nicht fassbar, dass es keine Schuldigen gibt, dass man im Unverständnis, der Empörung über einen Fall, keinen Sündenbock finden kann. Den Täter natürlich mal ausgeschlossen, der diese Ideen realisierte.

Es nützt nichts, den Behörden eine Schuld zuweisen zu wollen, oder den Nachbarn, oder dem Land Österreich. Wozu wollen das die Menschen denn immer? Wieso können sie es nicht endlich sein lassen?

Damit sie mit ihrer eigenen Emotion klar kommen, dass sie eine Projektionsfläche haben, auf die sie ihre eigene Emotion richten können. Es ist immer so. Nur wenige Menschen auf der Welt erkennen, dass ihre Emotionen niemals von anderen verursacht, sondern nur getriggert werden, weil sie in ihnen selbst schlummern. Es ist sogar so, dass diese anstossenden Personen nur deshalb in der Aussenwelt erscheinen, weil in der inneren Welt diese Gedanken, ungeklärte Situationen, angestaute Emotionen vorhanden sind.

Thomas Müller weiss das, und seine Antworten passten der Frau Hasler offenbar schon nicht so ganz. Er sagte, dass man von sehr intelligenten Menschen nicht einfach erwarten kann, dass sie ein gutes Buch schreiben oder ihre Intelligenz zum Wohle der Umgebung einsetzen, sondern halt damit auch ihre eigenen Emotionen durchsetzen können. Und zwar so, dass die weniger Intelligenten oder weniger Mutigen halt einfach keinen Verdacht schöpfen oder wenn doch, keinen Mut haben, gegen die Dominanz der Intelligenz des Täters anzugehen. Intelligenz kann ein Mensch ja schliesslich einsetzen wie jedes andere seiner Talente. Förderlich für die Umgebung oder für eigene, egoistische, anderen schadende Ziele.

Was Thomas Müller auch sagte, ist die Tatsache, dass es immer Anzeichen gibt - selbst bei komplexesten Verbrechen -, die man aber erst im Rückblick in der Bedeutung richtig einordnen kann. So haben ja offenbar genug Leute bemerkt, wie Fritzl die Ernährung der Eingeschlossenen abhandelte, wie er den Zugang zum Keller Mitbewohnern des Hauses verbot, wie dominant sein Umgangston mit der oberirdischen Familie war.

Weiterhin - und das fand ich einen bemerkensweten Satz - sei es seine Erfahrung, dass die Umgebung eine unbegründete Arroganz als unbeteiligten Beobachter an den Tag lege, zu wissen, wie ein Mensch sei - nur aufgrund seines Äusseren und seines Verhaltens. Das alltägliche Schubladisieren halt.

Auch die Fragen nach dem "Hätte man vorbeugen können" sagte Müller einfach, nein. Der Fall ist eben so gross geworden, weil der Täter halt äusserst überlegt und zielgerichtet ist und vor allem die Gabe hat zu antizipieren, also vorwegzunehmen, welche Situationen sich ergeben werden und wie man dann die beteiligten Personen im eigenen Sinne beeinflussen kann. Das alles konnte Fritzl offenbar. Er ist sicherlich ein hervorragender Taktiker und Stratege.

Auch hier wieder meinte Müller die Arroganz der Unbeteiligten zu erkennen, denn durch die Empörung können sie nicht erkennen, dass es viel kleverere, intelligentere Menschen gibt als man selbst einer ist. Und man sie nie entlarvt, ihnen das nie zugetraut hätte. Man sich also eingestehen muss, dass man halt einfach nichts über die allermeisten anderen Menschen weiss - sicher aber selbstverständlich erlaubt, ein Urteil, eine Vorstellung über den anderen aufzubauen und erbost zu sein, wenn der dieses irgendwann zerstört.

Und das diese Konfrontation (oder sagen wir mal ehrliche Erkenntnis) meistens zu Wut auf andere statt zur eigenen Klärung führt, hat wohl schon jeder erlebt - selbstverständlich nur bei den anderen.

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