Günter Wallraff undercover bei Weinzheimer, LIDL Brötchenbäcker
Günter Wallraff hat wieder zugeschlagen ... oder andersrum, er hat aufgechlagen, wie andere niederschlagen.
Er hat sich als Mitarbeiter bei Weinzheimer beworben und hat den Job bekommen. Der Grund sei gewesen, dass es seinem Verstand nicht erklärlich war, wie man 10 Aufbackbrötchen herstellen kann, die dann für EUR 1.05 im LIDL verkauft werden. Also wollte er es herausfinden.
Es sei eine schwere und harte Arbeit gewesen, sogar junge Mitarbeiter seien an ihre Grenzen gelangt, weil sie teilweise 30 Tage ohne Unterbruch arbeiten mussten. Nach Wallraff habe ein Mitarbeiter zynisch geklagt "er arbeite doch bei einer Firma und nicht im Konzentrationslager".
Nun, LIDL habe diese Bäckerei immer weiter runtergedrückt im Preis. Weil Weinzheimer offenbar abhängig war von LIDL, drückte der die Löhne, quetschte seine Leute aus, nur um den Grossabnehmer nicht zu verlieren.
"Geiz ist geil", so hiess es doch immer noch. Wir alle rennen zu den Billigjakobs. Will niemand wissen, was für einen Junk er frisst. Ist ja wohl nicht nur die Arbeitskraft, deren Qualität vermindert ist, sondern auch die Rohstoffe. Vielleicht ist aufgeblähte Watte bald nahrhafter als solcher Billigjunk.
Oder wie stellt man sich denn vor, werde qualitativ hochwertige(re) Ware produziert?
In Amerika gebe es die meisten Massivübergewichtigen, die sich von all diesen nahrungstechnischen Verirrungen jahrelang ernährten. Es ist heute erwiesen, dass diese modernen Nahrungsmittel kontraproduktiv wirken. Gescheite Leute wie Udo Pollmer haben sich schon weit und breit darüber ausgelassen.
Was bedeutet denn Lebensqualität, nach der alle schreien? Mit dem Flieger für saubillig überall hin zu reisen, dort seine nicht der Gegend angepassten Launen auszulassen, sich unbeliebt zu machen, dann nach hause zu reisen und rumzunölen, wie Scheisse es zuhause sei?
Heute habe ich im Radio gehört, dass da doch einer meinte "man habe nun endlich den Graben zwischen Wohlstandsvermehrung und Resourcenübernutzung endlich überwunden und verstehe nun, dass Wohlstandsvermehrung nicht zulasten der Umwelt gehen müsse".
Ja Herrgottnochmal, konnte man jemals mit gesundem Verstand und/oder Einfühlungsvermögen vertreten, dass der Wohlstand zu vermehren sei und dass dadurch halt die Umwelt den Bach runter gehen soll? Wusste gar nicht, dass wir schon in der Lage wären, auf einen erdähnlichen, schönen Planeten auszuwandern - zu eigenen Lebzeiten wohlgemerkt.
Wallraff zeigte wieder mal, dass man nicht nach China etc. schauen muss, um Misstände zu finden. Die sind mitten unter uns. Weil wir es so wollen und weil wir nicht oder zumindest nur selten den Mut haben, diese machiavellistischen Zyklen zu durchbrechen. Ok, dieser Job wird üblicherweise den Gewerkschaften zugeschanzt. Und wenn die motzen, dann überlegen wir mal wieder, wie das eigentlich alles funktioniert und erkennen, wie es ausgeglichener sein kann.
Nur, daran sollten wir uns auch wieder erinnern, wenn wir Schweizer lieber teures Benzin verbraten, um jenseits der Grenze kofferraumweise Billigware bei Aldi und LIDL reinzuholen. Dann nämlich scheint mir das alles schon wieder vergessen zu sein.
Früher hiess das "nach uns die Sintflut". Heute ist das werbetechnisch natürlich "besser" verpackt.