Komplementärmedizin de jure nun akzeptiert - was nun?
So, das Schweizer Volk hat entschieden, die Komplementärmedizin soll von den Krankenkassen übernommen werden. Ob's nun billiger wird, das medizinische Leben? Schliesslich heisst "komplementär" ja "vervollständigend". Das heisst also, noch zusätzliche Kosten zur westlichen Medizin? Die normalen Kosten also nicht verringert, sondern umrahmt von neuen?
Auch wenn Couchepin die Wissenschaftlichkeit bezweifelt, hat er wohl doch etwas Recht, dass Kranke ev. beide Medizinarten nutzen, statt nur eine. Möglicherweise beginnt man mit alternativen Mitteln, sobald diese anerkannt sind, und wenn die nichts nützen, dann doch noch "Standardmedizin". Oder umgekehrt. Oder gar beliebige Kombinationen davon.
Solange das KVG für jeden obligatorisch bleibt (was ich ehedem bei der Abstimmung nicht wollte), wird die Kostenspirale nicht enden. In den Umfragen hört man selten die Einsicht, dass jemand seine Ansprüche beschränken würde, obwohl er immer mehr zahlen muss. Viel öfter heisst es, "wenn ich schon soviel zahlen muss, dann will ich im Eintretensfalle soviel Leistung der Medizin wie möglich". Mit solchen Gedanken wird das Gesundheitssystem nie gesund. Es ist also immer noch so, dass der Leidensdruck fürs Volk noch nicht genug hoch ist, um dieses bescheuerte Gesetz zu kippen.
Die Gegner so einer Idee reden da gerne von Vermeidung einer Zweiklassenmedizin. Sorry, die haben wir schon lange. Die Klassenunterschiede mögen nicht bei der Medizin auftauchen, doch bei der "Beschaffungskriminalität" zur Bezahlung der Prämien etabliert das KVG die Unterschiede. Wenn jemand weniger Geld hat, sich sein Leben zu gestalten, weil er im schlimmsten Fall erst noch für NICHT benötigte Leistungen immer mehr zahlen MUSS, dann ist das wohl die Zweiklassengesellschaft.
Solidarität ist ein anderes Schlagwort für das KVG. Ja, diese Idee ist etwas typisch Schweizerisches. Nur, man darf Solidarität nicht überbeanspruchen, sonst wird sie im wirklichen Ernstfall womöglich nicht funktionieren. Klar, es gibt Prämienverbilligungen, da wird jedoch einfach eine andere Solidarität beansprucht, die der Steuern.
Wir geben möglicherweise mittlerweile mehr Geld für das kranke System aus als fürs Essen. Kann das überhaupt aufgehen? Das Geld zerrinnt irgendwo zwischen den Ritzen all der Interessen. All die, die an diesem kranken System profitieren, wehren sich natürlich egoistischerweise. Und da wir, die Schlachtlämmer, brav und willenslos den Leitschafen und -böcken zum Metzger folgen, müssen diese Lobbyisten ja auch keine Angst haben.
Da die Prämien ja eh gezahlt werden müssen, gibt es fast keine Anreize, für die eigene Gesundheit zu sorgen, denn Auswirkungen schädlicher Gewohnheiten können dann ja von der Medizin behandelt werden - womöglich sogar ohne Heilungsmöglichkeit, denn wenn der Körper krank wird, ist schon sehr viel schiefgelaufen.
Müsste ich wirklich meine Gesundheitskosten selbst zahlen, würde ich wohl noch genauer hinschauen, was ich meinem Körper antue. Gerade die Jungen sollten wohl sicher mehr auf ihre Körper achten, denn was sie sich da teilweise antun - chemisch, akustisch, gedanklich - das wird Auswirkungen haben ... nicht grad jetzt, junge Körper vertragen ja viel, aber eben später. Und fürs Später bezahlen wir ja die Prämien. Warum also kümmern ...
Wüsste ich schon im Vorfeld, was ich zahlen müsste, könnte ich mir selbstverantwortlich überlegen, was ich jetzt für meinen Körper mache und mir damit an späteren Prämien erspare. Das ist meiner Meinung nach der wirklich einzige Ausweg aus der Situation. Also genau 180° entgegengetzt zur Idee der Solidarität. Dafür wohl gerechter und verantwortungsbewusster. Das derzeitige System schläfert jedoch ein und erzieht nicht zur Selbstverantwortung - egal ob mit Standard- oder Komplementärmedizin.
Steigert sich das Bewusstsein über Krankeiten und eigene Verantwortung, dann hat die Komplementärmedizin wohl schon kostensenkende Wirkungen. Die Standardmedizin wird sich weiterhin entwickeln, denn z.B. Chirurgie wird wohl nie eine Domäne der Komplementärmedizin. So werden beide zusammenarbeiten können ... ob sie jedoch müssen? Die Gleichschaltung oder auch Akzeptanz der Komplementärmedizin ändert an der Kostenspirale nichts oder nur wenig - und selbst dann ist die Richtung der Änderung wohl nicht vorhersehbar.
Ich würde gerne wieder zur Freiwilligkeit der Gesundheitsversicherung zurückkehren. Eine Krankenversicherung will ich aus offensichtlichen Gründen nicht, dafür mehr Eigenverantwortung. Sollte meine Solidarität angesprochen werden, so gibt es genug andere Wege, diese auszudrücken dank verschiedenster Hilfsorganisationen im In- und Ausland.
Wir werden sehen.
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