Die Neurowissenschaft übt die Demut
Die Neuroforscher hatten in den letzten Jahren gemeint, dass gewisse Krankheiten, und vor allem auch psychologische Effekte, sich biologisch in bestimmten Gehirnarealen materiell niederschlagen. Immer öfters kamen MRI und andere Bilder des Gehirns in die Publikationen, die belegen sollen, dass irgendeine Krankheit, sagen wir mal Klaustrophobie, oder die Gewalttätigkeit in einer bestimmbaren Region des Gehirns stattfinden. Andersrum gesagt: Wenn die Gehirnaufnahmen an der Stelle exzessive oder gar keine Aktivitäten zeigen, sei dass der Grund der Krankheiten. Demzufolge könne man die Verhaltensweisen eines Menschen verändern, indem man diese Regionen "therapiere". Ohne mechanisch/elektrische Einflüsse gelingt uns das aber wohl noch lange nicht. Ergo, sei man halt dem Zustand des Gehirns ausgeliefert.
Diese Sicht der Dinge führte ja auch zum Disput der Unverantwortlichkeit eines Mörders: Konnte man bei ihm die erwarteten Gehirnaktivitäten feststellen, so musste man ihm doch attestieren, dass sein Missverhalten genetisch begründet sei - und er also nicht willentlich so geworden sei. Ja, dass ein Mördergen existiere. Dass diese Kausalsicht höchst umstritten ist, zeigt ihre sehr emotionale Diskussion.
Einige Fürsprecher dieser klaren biologischen Gehirn-Footprints werden nun offenbar kleinlaut. Es sei mechanistisch vereinfacht, Schubladisierungswahn, diese kausale Sicht, denn es sei eher zu beobachten, dass psychsiche Krankheiten Strukturänderungen im Gehirn auslösen. Der Geist, nicht ortbar, beeinflusst die Materie, das Gehirn, sehr wohl ortbar.
Die Neurowissenschaften würden erwachsen. Der kindliche Einordnungstrieb der übereifrigen Forschercharaktere weiche dem reifen Beobachten und Revidieren von Ansichten. Es sie nicht mal mehr sicher, ob man je wissen werde, wie Gehirn und Verhalten zusammenspielen. Etwas mehr Demut halte Einzug in den Fachbereich.
Sehr schön - oder endlich. Für mich und sicher viele andere ist es klar, dass das Gehirn ein Umsetzer ist von geistigen Impulsen in die Realität dieser Ebene, des Körpers also.
Dies ist für die materiell orientierten Gehirnforscher natürlich entweder ein NoGo oder ein Grund, ihre Überzeugung oder ihren Beruf zu verlassen. ICh glaube, anderswo schon mal erwähnt zu haben, dass es ja interessante Gehirnbeobachtungen gibt an meditierenden Mönchen, einer der Begleiter vom Dalai Lama liess sich mal Elektroden ansetzen, während er in tiefe Meditation versank. Die Messung am "Material" war spannend, denn das materielle Gehirn ging in einen Sparmodus, Power-Save, Standby, whatever. Wieso? Weil der Geist dieser trainierten Leute einfach damit endete, andauernd Impulse auszusenden, und damit das Gehirn nicht mehr bombardierte. Und der Körper funktionierte weiter. Man könnte burschikos sagen: Die Bedeutung des Gehirns für den Körper wird weithin überschätzt ...
Trainierte Meditatiönler wissen ja aus eigener Erfahrung, wie es sich anfühlt, in einer tiefen Meditation oder Ruhe zu sein. Die wissen, wozu das Gehirn und damit natürlich auch der Körper da sind.
Erfreulich, dass die Neurowissenschaftler zurückkrebsen. Oder verschafft die Aussicht, ein deterministischer Automat zu sein, wirklich Freude? Auch wenn die meisten sich wie solche benehmen ... aber das ist eine andere Geschichte ... :-)
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