Tempora mutantur – die Zeiten ändern sich. Das ist Leben.
Die USA verliert ihren Strahlestatus, der Franken war heute fast schon ein Euro wert, in Japan wächst die Skepsis gegen die Atomenergie, die Schweizer Wirtschaft weiss nicht, wie sie mit dem Euro umgehen soll, die Engländer erleben Jugendunruhen, in Syrien haben die Menschen den Mut, der Waffengewalt ihres Despoten entgegenzustehen, das Wetter benimmt sich ungewöhnlich, die Streetparade gibt's vielleicht nur noch dieses Jahr, Schawinksi kommt wieder ins Schweizer Fernsehen ... lauter Änderungen, teilweise erschütternd, teilweise nur leichte Rumpler.
Heute haben sie im Zischtigsclub über die Euro-Problematik gesprochen. Die Ex-SP-Galeonsfigur und Hotelier Peter Bodenmann brachte vieles in seiner Pragmatik auf den Punkt: Es wird Zeit, dass einige Dinge, die wir schon lange vor uns her schieben, endlich mal durchziehen. Wenn unsere heimischen Firmen teilweise jammern, weil grenznahe Schweizer derzeit ihr Geld samt und sonders in der EU ausgeben, bemerkt man, dass wir protektionistische Zölle, sinnlose Verbote, übertriebene Vorschriften, übermächtige Lobbies, volksfremde Volksvertreter etc. haben. Man sollte endlich mal die Hochpreisinsel Schweiz auf ein tieferes Niveau bringen, es könne doch nicht sein, dass ein Auto n der Schweiz 15'000.- mehr kostet als in Deutschland. Und was noch viel abartiger ist, dass man diesen vertikalen Marktbeherrschern, die ja meist internationale Multis sind, erst noch erlaubt, dass sie die Preise für die Länder, natürlich konkret also die Schweiz diktieren, dass sie einem deutschen Autohändler verbieten, Schweizer Kunden zu bedienen.
Dass wir Zölle haben, um uns von billigeren Gütern aus dem Ausland zu schützen, damit die hohen Preise der Inlandproduktion weiterhin so hoch sein dürfen, damit wir wiederum jammern können, dass Schweizer Produkte halt teurer sind, inklusive Löhne natürlich. Die sind ja eben auch hoch, damit wir das Zeug auch kaufen können, weshalb die ausserhalb ja immer meinen, wir seien alle so reich. Ein Teufelskreis. Und weil das immer so war, liessen wir's bleiben. Obwohl es schon anders ginge, denn einige Dinge könnte der Bundesrat als Exekutive ja exekutieren, also ausführen.
Nun, da der starke Franken manche drückt, manche verärgert, wie mich, der ich grad eben ein internationales Produkt, sprich einen Laptop, in den Ländern Deutschland, USA, UK und Schweiz zusammenstellte und natürlich bemerkte, dass der Laptop überall mittlerweile 20-25% billiger ist als hier (und das, obwohl Computer in der Schweiz bis anhin höchstens gleich teuer oder gar billiger als im Ausland waren), da merkt man, dass man doch mal die Muskeln spielen lassen sollte. Endlich mal eine pragmatische Politik, endlich mal alte Zöpfe, alte Stillhalteabkommen mit dem Schwert zerhacken. Tja, Not macht erfinderisch, und wenn es nur endlich das ist, was man schon lange hätte tun können. Wenn's nun endlich kommt, wunderbar.
Da antwortete Jean Ziegler letztens in einem Gespräch mit Alfred Dorfer, dem scharfen, österreichischen Kabarettisten, auf dessen Frage, was er denn über die politische Schweiz denke, dass er stolz auf die Schweiz sei, denn nirgendwo auf der Welt gäbe es so direkte und starke Volksrechte. Und gleichzeitig sei er verärgert über die Schweizer, dass sie trotz der Allmacht dieser Mittel einige Dinge einfach nicht durchsetzen. So zum Beispiel, dass wir Kriegsindustrie unterstützen, Geldmauscheleien, Despoten stützen, Mitmachen an der völlig verfehlten Entwicklungshilfe, äh, besser dem Austragen der verfehlten Landwirtschaftspolitiken auf den Rücken der Afrikaner beispielsweise ... obwohl wir per Volksrechte den Bundesrat dazu zwingen könnten, diese Dinge nicht mehr zu tun bzw. nicht mehr zu akzeptieren.
Kurz: Wir könnten, tun aber nichts. Zu faul, zu träge, zu desinteressiert. Nun, jetzt geht es uns zwar nicht wirklich schlecht, aber wir merken, dass es langsam knapp wird. Endlich. Naja, ich weiss ja auch nicht, ob es in irgendeiner Hinsicht einfacher, leichter, besser wird ... was mir aber schon gefällt, ist der Zerfall alter, starrer Strukturen. Denn nur so geht es weiter, weiter im Sinne der Natur: Das einzig Beständige ist der beständige Wandel. Und wer zu lange zu fest an etwas festhält, den wird der Wandel schmerzen. Doch Schmerz zeigt ja an sich auch, dass man nicht mehr naturgemäss lebt. Das ist vielleicht eine förderliche Einsicht, wenn man sie denn hat. So hoffe ich für alle, die zulange festhalten, dass das Loslassen gelinge ... denn es ist natürlich, dass es weitergeht. Das ist Leben. Es geht unendlich weiter, eine Zeit lang mit uns als Inkarnierte, als Egos, und dann auch ohne uns. Oder uns in anderer Form. Das ist das ewige Spiel. Ich persönlich finde es spannend, wenn es mich rüttelt, das Leben ... dann merke ich jeweils wieder, das ich einiges verschlafen habe. Und wer steht nicht gerne an einem neuen Morgen auf? Neues Spiel, neues Glück. Was interessiert mich, was gestern war, was interessiert mich Geschichte, die ist ja eben aufgeschichtetes altes Zeug. Lernen daraus, ja gerne, festhalten daran, nein danke. Klein genug, vif genug, innovativ genug - sind wir allemal. Hopp Schwiz!
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