Retour- äh, Rückkehrgeld für Asylanten? Nachhaltig? Kreditrückzahlung?
Derzeit wogt die Diskussion hoch her, ob in der Schweiz, speziell derzeit Genf, Asylanten Geld gegeben werden soll, wenn sie in ihr Land zurückgehen und dort eine Ausbildung beginnen. Die Asylanten müssten das schon belegen – doch natürlich lockt so ein Angebot auch Schmarotzer. Natürlich schreien die Rechten auf, das ginge nicht, da könne ja jeder kommen. Das mag sein, ist sicher eine Gefahr doch: Es ist eben doch ein Retourgeld.
Unsere Gesellschaften, fast egal wo in der „entwickelten" Welt, sind fast in keiner Weise nachhaltig - ein Blick auf deren Produkte, deren Nebeneffekte und Abfälle macht es eindeutig klar. Und fast jeder, der sich das in all den vielen Lebensbereichen überlegt, stösst darauf. Dabei ist es natürlich nicht der Fehler eines Staates, sondern der Menschen: Gegen besseres Wissen gibt es überall Exponenten unserer Rasse, die Dinge vorwärtstreiben, die nicht der Gemeinschaft dienen, sondern nur ihnen und ihrem Clan selbst. Wohlwissend, dass sie und ihre Nachkommen in einem gemeinsamen Umfeld leben. Doch solange die Erde noch sooo gross erschien, war das halt nicht so wichtig.
Beispiele? Nahrungsmittelproduktion: Jedem ist klar, dass die „Geiz ist geil" Mentalität – egal ob auf Produzenten- oder Konsumentenseite – irgendwann gegen die Mauer fährt. Gigantische Monokulturen (Palmöl, Mais für Biodiesel, wie letzthin im Kassensturz portraitiert: Erdbeeren aus Spanien, Geflügelproduktion in Deutschland etc.) müssen mit chemischer Hilfe stabilisiert werden, laugen die lokalen Resourcen aus und hinterlassen Folgeschäden wie die Abholzung von Regenwald in Brasilien, um Weideland für Vieh zu gewinnen – weil die Welt immer mehr Fleisch fressen will. Und damit wegen Antibiotika in der unnatürlichen Tiermassenproduktion dafür auch die Quittung in Form immer häufigerer Unwirksamkeit von immer mehr Antibiotika bezahlt.
Oder in der Schweiz: Strassenbau, in den Stosszeiten überfüllte Bahnen, Zersiedelung, Banken, die sich darum scherten, woher ihre Kunden ihr Geld hatten, Hauptsache, dass sie es bei ihnen anlegten.
Oder die brandneue Fallpauschale in der Medizin.
Es ist immer dasselbe: Unter dem Titel der Optimierung und Einsparung wird eine falsche Entscheidung weitergedrängt, durchgeboxt. Der berühmte Spruch der Cree-Indianer "Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann." moniert unser Verhalten an. Ist ja, egal woher er auch stammen mag, alt ist er auf jeden Fall. Und weise wohl auch: Die Indianer waren ja auch kein Wohlfühlclub, die bekriegten sich auch, doch eventuell lebten sie im Alltag viel näher an den Richtlinien grundlegender Realitäten wie Nachhaltigkeit, Sorge fürs Umfeld.
Dass viele Menschen keine Wahrnehmung für Nachhaltigkeit haben, zeigen alle unsere Wirtschaftsexzesse. Nicht nur aktuelle, sondern auch frühere: Denn ist das Ausnutzen – Betonung eben auf Aus – Resourcen anderer wie derjenigen der Afrikaner nicht ein Kredit, massiv überzogen, dessen Rückzahlung nun mit Asylanten eingefordert wird?
Doch selbst dann wenn die Linke genau dies erklärt, dass eine Wirkung gegen den Asylantenstrom nur mittels lokaler Hilfe an dessen Ausgansgsort, eine Umverteilung der Waren und Geldflüsse, erzielt werden kann, dass ja hier jeder Tag eines Asylanten in einem Durchgangsheim und in einem eventuellen Spezialrückflug die Gemeinscahft viel teuerer kommt als das Rückkehrgeld, selbst diese zutiefest kapitalistische Betrachtung scheinen die Rechten nicht zu kapieren.
Es gibt meines Erachtens keinen logischen Grund dafür, dass sie dieses Vorgehen in Genf verurteilen. Natürlich, ich anerkenne schon die Gefahr, dass sich dies rumspricht und Asylanten zu Hauf auftreten, nur um dann mit dem Rückkehrgeld wieder zu verduften. Aber eben: Wieso verlässt jemand denn sein Heimatland? Weil es da keine Zukunftsaussichten gibt. War die Schweiz nicht auch ein Auswandererland im 19. Jahrhundert? Eben. Sogar die berühmte Schweizer Garde des Papstes ist entstanden aus wirtschaftlicher Not. Und weil wir Schweizer damals nicht den Ruf hatten, eher brav zu sein, eher das Gegenteil.
So sind Ausbesserungen aller Art offenbar der Zins mit Zinseszins, den wir allgemein zu bezahlen bereit sind. Wider besseren Wissens. Überall. Der Club of Rome veröffentlichte dieser Tage, dass bis 2050 der Meeresspiegel um einen halben Meter steige und dass wir jährlich immer noch das Doppelte von dem an CO2 produzieren, was Wälder und Ozeane absorbieren können. Dass im Sommer dannzumal das Eis an den Polen geschmolzen sei, was natürlich noch mehr Wärme in der Atmosphäre belässt, dass dies dadurch zu einer Aufschwingreaktion führen werde, dass neben neben CO2 auch mehr Wasserdampf (auch ein Treibhausgas!) die Wärme speichert, dass dann das bezüglichWärmekapazität viel gefährlichere Methan in die Luft kommt und die Aufwiegelung beschleunigt ...
Wir alle wissen das. Es gibt schon lange keine Ausrede mehr für die Menschen in den technisierten Ländern. Doch wir scheinen nicht in der Lage zu sein, der persönlichen Gier, dem Egoismus entrinnen zu können.
Auch die Natur kennt natürlich dieses Prinzip: Gibt es zuviele Hasen, vermehren sich die Füchse. Fressen die den Hasenbestand runter, leiden sie auch darunter und verhungern. So ist offenbar das Prinzip von Angebot und Nachfrage ein Naturgesetz.
Nur, die Natur kann solche Zyklen offenbar nicht vorhersehen, ihre Exponate leben in der Gegenwart. Auch sie als Individuen müssen ausbaden, was die Vorgängergenerationen „verfressen" haben. Allerdings scheint dort auch kein Ego zu sein, das leiden kann, das gierig ist. So werden Tier- und Pflanzenarten einfach verschwinden, ohne grosses Aufhebens. Und wiederum nur der Mensch will sie erhalten. Gegen die umfassenderen Gesetze der Natur. Und wiederum nur als Symptombekämpfer – obwohl er dank der Wissenschaft mittlerweile schon fast alles erkannt hat.
Also, zahlen wir halt den Zins mit Zinsezins zurück, der Kredit waren die billigen Naturprodukte aus Afrika, das Ausnutzen der Bevölkerung. Die Rechnung wird nun präsentiert. Es ist ok, dass wir darauf schauen, dass wir die Rückzahlung nur an die Richtigen ausrichten. Doch ein Retourgeld im Sinne von Wechselgeld wird es wohl nicht bleiben. Der Kredit muss zurückbezahlt werden.
Wikipedia sagt zum erwähnten Indianerspruch, dass der, dem er an sich zugesprochen sei, dem Häuptling Seatlle, ihn nicht so sagte, sondern als "Und wenn der letzte rote Mann von der Erde verschwunden und die Erinnerung des weißen Mannes an ihn zur Legende geworden ist, dann werden diese Gestade übervoll sein von den unsichtbaren Toten meines Stammes, ...dann wimmeln sie von den wiederkehrenden Scharen, die einst dieses Land bevölkerten und es immer noch lieben".
Wer sind die Toten?
Ceterum censeo: Think globally, act locally.
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