Wahljahr in der Schweiz - ich empfehle Volker Pispers und Max Uthoff

Aus irgendwelchen Gründen habe ich heute den Impuls erhalten, wieder mal einige der schärfsten und besten Politik-Kritiker auf Youtube anzuschauen.

Ich sage extra nicht Politik-Satiriker - denn obwohl sie beide ins Genre der Satiriker gehören und ihre Inhalte ja auch humorvoll und sarkastisch darbieten: Es ist harte und vor allem fundierte Politik-Kritik - amüsant nur, weil sie sich Mühe geben, einem die Resignation ab und an durch einen flapsigen Spruch noch vor der Oberlippe-Unterkante fernzuhalten.

Zwar an der Politik in Deutschland, aber eigentlich sind die vorkommenden Worte der Landeszugehörigkeit fast überall problemlos durch "Schweiz" ersetzbar, ohne dass der Wahrheitsgehalt sich dadurch verringert. Namen sind ohnehin austauschbar - Fakten, Missstände bleiben.

Ich gehe nicht wählen. Ich wähle keine Personen. In der Schweiz haben wir das grosse Privileg, dass wir Sachvorlagen in Form von Initiatien nutzen dürfen. Da schaue ich mir die Sachlage an und entscheide. Dazu brauche ich keine Parteien, keine Vorkauer, keine Driischnurrer, keine Einflüsterer, keine Besserwisser und schon gar keinen Gruppenzwang. Ich brauche nur meinen Verstand und meine Beobachtungsgabe. Beides ist ja bei allen nach der jeweiligen subjektiven Einschätzung in mindestens ausreichendem Masse vorhanden. Hoffen wir's mal. Also, dann nutzen wir es auch: Entscheiden bei Sachvorlagen, danke Schweiz.

Ich bitte beim Pisper Video mal auf die Aufzahlung der verursachenden Parteien zu achten. Es kommt keine gut weg, und davon erzähle er ja seit 30 Jahren. Ob Rot oder Grün oder Gelb oder Schwarz ... es ändert sich nichts, weil die Politiklandschaft ein inzestuöses Gebilde ist. Äh ja, falls es nicht aufgefallen wäre, jener Video ist aus dem Jahr 2014 ... obwohl, Jahreszahlen spielen eigentlich keine Rolle in der Politik, ausser dass sie erklären, wieso sich grad jetzt einer mächtig ins Zeug legt ... muss dann wohl ein Wahljahr sein ...

Politiker ist ein Beruf, und wie in Berufen anderer Art, wollen die vor allem auch mal ihre eigenen wirtschaftliche Sicherheit erhalten. Nicht führen und sich exponieren (mit Risiko der Abwahl), sondern obenauf schwimmen. Wieso bloss erlauben wir diesem Berufsstand, uns unsere Lebensweise vorschreiben zu lassen? Ärzte sind ja auch wichtig, und erst noch direkter, weil für den Körper, aber deren "Gesetze" folgen wir ja auch nicht immer. Doch was Politiker veranstalten, birgt die Gefahr, ein Gesetz zu werden, bei dessen Verstoss wir sehr unmittelbar im privaten Lebensbereich betroffen sein könnten - obwohl es nicht unbedingt mit uns privat zu tun hat.

Ok, das gilt jetzt eher für Deutschland als für die Schweiz, denn wie gesagt: Wir Schweizer können Politik über Initiativen direkt steuern, da kann keine Partei irgendwas dagegen tun - ich brauche nur ausreichend Leute, denen eine Idee auch passt - und schon bekomme ich die Bühne, meine Idee anderen in der Schweiz vorlegen zu dürfen - auf dass sie darüber sprechen und sich schlussendlich dagegen oder dafür entscheiden. Das ist unser grosses, grosses Plus. Wir sollten uns das bewahren und hiesigen Tendenzen, das abzuschaffen, mit aller Deutlichkeit die Stirn bieten.

Denn wenn mir manchmal ab der Klarheit und Eindringlichkeit der von Pispers oder Uthoff geschilderten Missstände der Verfilzung, Verschleierung und Untätigkeit wirklich beide Augen tränend werden - keines davon vor Lachen -, so ist das auch, weil ich mich in die Gemütslage eines Deutschen versetze, der nach Wahl (s)einer Partei eigentlich für 4 Jahre lang die Zügel aus der Hand geben und (ohnmächtig) zuschauen muss, wie sie es meistern oder verbocken.

Doch aufgepasst: die Thematiken, die Pispers da auftischt, sind allgemeingültig. Und vor allem zeigt er die Sprüche und Strategien der Mächtigen und der Presse in Deutschland auf, mit welchen jene das Volk in die Irre führen. Wir hören hier in der Schweiz Ähnliches. Namen sind hier weniger wichtig, aber Konzeptionen sind da nicht weit weg.

Auch Max Uthoff ist ein scharfer Beobachter, er erscheint etwas akademischer, seine Auftritte irgendwie aristokratischer ;-). Doch seine Analysen sind genauso scharf und entlarvend. Bei ihm hört man zwar selten so direkte Ansagen wie bei Pispers, doch ich mag beide. Denn sie sind eben beide in ihren Programmen extrem klar. Pispers mag ich, weil er sich nicht scheut, Leute ganz klar als Permutationen der drei Wörter "Loch", "Dummes" und "Arsch" zu bezeichnen - es ist oft eine klare Darstellung der Wut, der Ohnmacht.

Dieses Schiessen auf Einzelpersonen ist in der BRD gang und gäbe und auch genau deshalb so, weil das Volk sie nicht einfach ignorieren kann wie wir, bzw. ich. Für mich gibt es nur die Sachvorlage, egal von wem oder welcher Partei vorgetragen. Hat bei uns die SVP mal was für mich Richtiges entscheiden zu lassen, entscheide ich mich dafür. Haben die Grünen irgendwas Weltfremdes anzubieten, entscheide ich mich dagegen. Es ist bei mir immer die Sache, die ich beurteile, nicht die Leute, die dafür den Herold machen.

Schon wieder viele Worte, dabei wollte ich doch nur sagen: Schweizer, bevor Ihr jetzt im Oktober Leute wählt, schaut mal ein paar Politik-Kritiken in der durchaus amüsanten, scharfen, deutschen Darreichungsform von Pispers, Uthoff oder Pelzig und vieler anderer an. Und die Anstalt im ZDF. Es schadet nicht und schärft die Sinne.

Wir haben sowas meines Wissens in der Schweiz gar nicht. Vielleicht, weil wir es dank der direkten Demokratie so (noch) nicht brauchen. Doch wie gesagt, die Wunden, in die diese Leute noch Salz einstreuen bevor sie die Finger reindrücken, die schwelen auch bei uns.

Schaut sie an, amüsiert Euch, aber erkennt, was für Euch wo wahr ist. Dann klopft die Leute darauf ab, die Ihr wählen wollt. Für mich gibt es keine Personenwahl in der Politik - hab ich ja erwähnt. Aber nicht, weil ich diesen Leuten per se misstraue, sondern einfach deshalb, weil sich ein Politiker in seinem Beruf eine Mehrheit von Wählern beschaffen muss. Das heisst, er wird sich (immer) dem kleinsten gemeinsamen Nenner seiner Wählerschaft unterwerfen müssen. Um gewählt zu werden - und um Geld zu verdienen. Immer beachten, Politiker ist ein Beruf - unterworfen all den Dingen, die jeder Berufstätige von seinem Berufsumfeld her auch kennt ... oder hat da einer noch nie Intrigen, Missgunst, Klüngelbildung, Seilschaften, Machtspieler, Ignoranten etc. nebst den schönen Erlebnissen in der Berufswelt erlebt?

Deshalb haben Politiker bei mir keine weitere Bedeutung ausser als öffentlich sichtbare Meinungsmacher und Perspektivgeber. Wenn das einer sachlich und fundiert tut, wie der Martin Bäume der GLP, dann ist mir der an sich sympathisch, weil ich von einem Politker genau das erwarte. Meine Stimme bekommt er dennoch nicht - als Politiker. Ich finde auch den Toni Brunner der SVP amüsant, oder den Bastien Girod der Grünen. Doch alle liefern mir nur die Anschauungen, die ich gerne zu Hilfe nehme, um meine eigene Entscheidung zu treffen. Dank unseren Sachvorlagen und dem Initiativrecht.

Drum wie üblich: Ceterum censeo: Think globally, act locally. Oder hier bei Wahlen: Schau über den Gartenzaun, erkenne und dann schaue auf das einheimische Gewächs. Und jäte oder hege und pflege.

Kommentare (Kommentar-Moderation ist aktiv. Ihr Kommentar erscheint erst nach Prüfung.)
BlogCFC was created by Raymond Camden. This blog is running version 5.9.8.012. Contact Blog Owner