Cambridge Analytica - Wer ist überrascht?
Nun, die Videos, die mit versteckter Kamera gemacht wurden, zeigen in entwaffnender Offenheit, wie das nun halt läuft mit den News.
Informationen sind ein Handelsgut, Cash, Kohle, Trash, Fake, Hype, laut ... vor allem emotional. Die Manager sagen da ja an sich nichts Neues. Es ist nur so, dass sie offen sagen, dass es ihnen scheissegal ist, dass die Leute nicht über sich selbst Bescheid wissen - und darum halt auf einfachste Weise zur Schlachtbank geführt werden können.
Ist es CA zu verübeln, dass sie das machen? Klar, altruistisch und förderlich handeln die nicht. Aber was sie tun ist halt das alte Spiel: Brot und Spiele.
Im alten Rom waren Gladiatorenkämpfe ja auch nicht nett, weil einer starb dabei. Der johlende Pöbel fand's halt lustig. Wer blieb dem fern? Wer überlegte sich, weshalb dies vorgeführt wurde? Damit man gut rede vom aktuellen Imperator? Damit man ihn toll fände? Unser Wahlkämpfe sind ja genau dasselbe: Jeder lügt das Blaue vom Himmel, damit er (wieder) gewählt werde. Und wir, die Wähler, fallen immer wieder drauf rein. Weil's halt so bequem ist. In Deutschland ja grad gut zu beobachten gewesen in den letzten paar Monaten.
Nun ja, wie auch immer. Wie kann einer heute noch sagen, dass ihn die Tätigkeiten von CA, die Schwächen von FB erstaune? Mich also wirklich nicht. Ok, ich bin ja auch schon lange dabei, habe den Aufstieg der Kommunikationsplattformen miterlebt - vor allem damals, als das alles noch überschaubar war. Doch auch damals wurde es mit der Wahrheit nicht so genau genommen - etwas flunkern hier, etwas unterlassen da, gar lügen dort. Das war alles noch nicht "schlimm". Weil es eben noch die Presse gab, die sich um Objektivität bemühte.
Wenn die Jungen heute sagen, sie lesen keine Zeitungen mehr, oder sie "informieren" sich online ... so ist das sicherlich auch, weil es eh viel zu viele Infos gibt, die Wertigkeit und Wichtigkeit gegen null gehend. Es ist eine Flut. Wer da die Perlen erkennt, ist wohl schon weit über dem geistigen Durchschnitt.
Ich selbst las noch nie Tageszeitungen. Ich informierte mich lieber mit Fachliteratur, über Radio und sicherlich auch TV. Immer schon. Politisch war und bin ich neutral, wenn es um Köpfe geht. Ich keine keine Politiker, bis auf einen nun, den Jürg Altwegg aus Winterthur - wir waren halt im CAC.
Ich betone immer wieder, wie toll ich es finde, dass wir in der Schweiz über Sachthemen abstimmen können. So ist meine Informationssuche dann jeweils auf ein Thema aus, damit ich für mich eine Entscheidung finden kann. Da ich eh ein Wissensjunkie bin, kriege ich ausreichend viel mit und wenn ich mal was nicht genug gut kenne, nutze ich das Internet natürlich auch. Doch pro Thema halt mindestens zwei bis drei Artikel ... ich nehme nicht das Erstbeste als Wahrheit ... ich nehme überhaupt nichts als Wahrheit. Ich lese aus Meinungen einfach Aspekte der Sache heraus ... dann kommt meine Entscheidungsfindung, die natürlich von meinen Idealen geleitet wird.
Hätte ich diese Ideale nicht, wäre ich ausgeliefert, bzw. liefe wohl einfach dem am lautesten schreienden Herold nach.
Und natürlich, mir sind alle Mechanismen bewusst, die Leute wie CA ausnutzen. Es ist schade, dass geistige Ausbildung nur selten in die Gesellschaft auf breiter Basis einfliesst. Denn zu der würde es gehören, an sich selbst kennenzulernen, wieso Emotion die einzige Energie ist, die uns überhaupt agieren lässt. Das ist der gute Aspekt an ihr, der andere, für den sie allerdings ja nichts kann, ist, dass man Emotionen schüren kann. Weil die Emotion, wenn sie dann mal in einem Menschen in Bewegung gesetzt wurde, von demjenigen selbst kaum mehr zurückgehalten werden kann. Der Verstand ist halt da das schwache Teil, weil er da meistens ausgeschaltet oder überrannt wird.
Das ist wirklich nicht neu. Wie gesagt, die Römer. Oder dann Demagogen. Sie alle sind Meister auf der Klaviatur des Emotionenlenkens. Verkäufer, Rendite-Versprecher, Prediger, sie alle wissen, wie's funktioniert.
Man kann es lernen, die eigenen Emotionen selbst zu lenken. Dann klappt es nicht mehr so leicht, dass Fremde einen über Emotionen (fern)steuern können.
Dass CA sich also dieser altbekannten Dinge bedient, lässt sie in die Fussstapfen der Demagogen treten. Das Tragische daran ist also nicht, dass CA so ist, sondern dass WIR so sind. Dass wir uns einen Dreck drum kümmern, wieso die uns eigentlich so leicht manipulieren können. Dass die an Stellrädchen drehen bei mir, die ich nicht mal kenne. Das führt dann schon zu einem eher ernüchternden Menschenbild ... nicht viel mehr als Bioroboter ... von Intelligenz nicht viel zu merken ... dafür mehr vom unreflektierten Herdentrieb.
Es ist an sich einfach, sich den Abstand zu einer emotionalen Message zu bewahren: Es ist immer Cui Bono? Wem nützt es? ... Schafft man es, sich diese Frage zu stellen, ist man für kurze Zeit im unbeeinflussten Nullpunkt. Man hat die Möglichkeit, nun mit dem Verstand, eine Entscheidung finden zu können. Die Frage dann könnte sein "Was will ich wirklich?".
Wenn also CA sich in den Videos brüstet, wie sie den Afrikaner Odinga medial "vernichtet" haben, so könnte sich eben jeder fragen: Wieso wird mir dieser oder jener Aspekt einer Person oder einer Sache so vorgetragen? Gar noch als "seriöse Berichterstattung"? In welche Richtung sollen meine Gedanken gelenkt werden?
CA und FB haben hier nun den Schwarzen Peter gezogen. Aber eigentlich sind wir es ja schon selbst, die immer wieder reinfallen ... ob als Gaffer bei Unfällen, als Mobber oder empathielose Querköpfe ... oder eben als Manövriermasse für CA und Konsorten. Würden wir uns wieder auf Ideale beziehen können, hätten die keine Chance.
Aber eben, die humanistischen Ideale sind europäisch. In China sieht man das alles ganz anders. Und in der USA ... na, da ist das Ideal halt Macht und Kapitalismus.
Immerhin, wenn die Leute sich nun aufregen, Zuckerberg Krokodilstränen weint ... ist das ja auch eine Emotion ... die Energie liefert, sich vielleicht mal dafür zu interessieren, wieso mich das Verhalten von CA eigentlich in Rage bringt ... will ich vielleicht gar an einfache Rezepte glauben? Bin ich zu faul, mir jedesmal die Frage zu stellen, wozu das Ganze?
Wer eine Welt in Schwarz/Weiss will, der ist Spielball der Demagogen. Wer sie in Schattierungen will, weiss, dass es eben bei hellgrau schon keine Eindeutigkeit mehr gibt. Es wird variantenreicher. Dann erst kann der Verstand helfen, die Emotion in den Griff zu bekommen, denn er kann Emotionen lenken - wenn man ihm die Chance gibt.
Für mich ist jeweils verblüffend, wie sich Leute wie bei CA all dessen bedienen, sich ausserhalb dieser Mechanik zu sehen vermeinen. Und anderswo wohl genau wie ihre Lämmer reinfallen auf noch kleverere Leute ... oder bei Themen, wo sie dann halt nur noch Emotion pur sind.
Emotion ist ja gut, denn sie bewegt und ist der Sprit fürs Leben. Aber sie ist halt auch blind. CA hat das bewiesen. Und das Dumme ist, dass die Amis nun einen Präsidenten haben, der scheinbar über seine Wahl genauso erstaunt war, wie die Analysten. Weil gerade letztere halt hinterm Computer hocken und Zahlen beigen, und die Macht der Emotion nicht in ihren Rechnungen haben wollen. Bzw. sie wissen nicht, wie blind Emotion eben ist. Wer sie lenken kann, das ist dann eben wahrlich ein Meister ... wenn nur seine, ist es ein Weiser. Wenn die der anderen, ist es ein Demagoge oder Guru. Was es für einen ist, muss eben jeder mit der Frage Cui Bono herausfinden, sobald er merkt, dass sein emotionaler Pegel am Steigen ist ...
Cui Bono? Wem nützt es? - eine der wichtigsten Fragen für einen News-Konsumenten. Daher bin ich einigermassen erfreut, dass der CA / FB Fall soviel Emotion erzeugt ... mal schauen, wie und wohin diese Energie nun fliessen wird ...
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