Simone oder Sim-One, amüsante Realsatire
Heute sah ich im TV den wunderbaren Film Sim-One oder eben Simone. Al Pacino spielt darin den abgehalfterten Regisseur Viktor Taransky, dem seine beste Schauspielerin gerade davon läuft. Da erreicht ihn ein genialer Computeranimateur, der absolut angetan von Victors Filmen ihm vor seinem eigenen Tod eine Software übergibt, mit der es Victor gelingt, einen makellosen Star zu erzeugen, der die reale Ex-Besetzung ersetzt und durch die überirdische Perfektion der Darstellung die Menschen in seinen Bann zieht. Er macht noch zwei weitere Filme mit Simone, weil die Leute von den etwas schnulzigen, aber durch Simone polierten Filme berührt werden.
Alle sehnen sich nach einer realen Begegnung mit dem Star, doch Victor kann sie ja nicht enthüllen. Also erfindet er eine Story, um ihr Fernbleiben zu begründen. Als es sich dann noch nicht mehr vermeiden lässt, projiziert er sie mit einem Holographie-Projekt in ein Stadion. Sogar seine Frau, seine Produzentin, die sich zuvor von ihm trennte, sitzt dem Spuk auf und will Victor nicht mal zurück, weil sie sich nicht zwischen ihn und Simone drängen wollte.
Was er vergisst und was ihn schlussendlich dazu bringt, ihre "Karriere" zerstören zu wollen (was ihm aber nicht gelingt), ist, dass die Zuneigung nicht ihm gilt, obwohl er Simones Regisseur und Beschützer ist. So infiziert er den Bildcomputer mit einem Virus und versenkt die Harddisk und die Disketten (wer weiss noch, was das ist) in einem Reisekoffer im Meer. Weil Simone ab dann nicht mehr auftaucht und Victor von einer Überwachungskamera gefilmt wird, wie er den Koffer aufs Boot schleppt. Obwohl er beteuert, ja nur Disketten versenkt zu haben, finden die sich nicht mehr als die Polizei den Koffer barg, weil der unter Wasser aufging. Er kommt in den Knast und redet sich dort um Kopf und Kragen, weil der Anwalt ja nicht glauben will, dass Simone nur eine Computer-Simulation ist.
Plötzlich erscheint Simone wieder im TV, während er noch im Knast sitzt, und sie sagt, sie hätte sich etwas absetzen müssen des Rummels um ihre Person wegen. Victor kommt frei und entdeckt, dass seine Computer-erfahrene Tochter erstens hinter sein Geheimnis gekommen und zweitens erst noch das Programm mit einem Virenscanner gereinigt und wieder in Betrieb gesetzt hat, um durch Simones "Auferstehung" ihren Vater aus dem Knast zu holen. Schlussendlich nötigt ihn seine Frau, Simone wieder aufleben zu lassen, mit einem Baby von Victor. Klar, sie will die Technik nutzen, um weitere Stars zu erschaffen.
Eine amüsante Komödie über den Wunsch, an etwas glauben zu wollen, auch wenn es eigentlich fast unwirklich schön ist, das Objekt. Die Projektion übersteigt mit der Zeit ihren Schöpfer und entmachtet ihn, übernimmt ihn - durch die Energie der anderen. In unserer Realität sieht man das ja auch an den Stars, wie die nur aufleben, wenn die Energie des Publikums ihnen zuströmt. Einige Schlaue hat es allerdings bei denen auch, die sich der Energie des Publikums bedienen.
Ich finde den Film genau deswegen so amüsant, weil wir ja alle wohl den Hype auf Celebrities kennen - siehe Paris Hilton etc. und weil die meisten heute wohl schon wissen, wie Green oder Blue Boxing funktioniert, was Computer leisten können. Wer jeweils die Tech-Demos von NVidia oder ATI für ihre Flaggschiff-Grafikkarten sieht, erkennt, dass es wohl nur noch 3-5 Jahre geht, bis Computeranimationen ununterscheidbar von realen Filmen sind.
Und vor allem, weil wir so gerne unsere Energien auf Objekte lenken, die wir weder haben noch real sehen oder treffen können - statt auf seine eigenen Dinge, das eigene Leben. Wer in seiner eigenen Lebensplanung auf Kurs liegt, schwärmt nicht übermässig, wer unzufrieden ist meistens schon.
Und wenn die Show gut und raffiniert genug ist, kann der Schauspieler mit einem fast alles machen, je nachdem, wieviel Energie und Bedeutung wir halt solchen Shows geben.
In diesem Film ist es eine Komödie, doch der hier überzeichnete Mechanismus funktioniert natürlich. Wenn Al Pacino mit diesem Film genau Überlegungen dazu in einem anstossen konnte, hat er es wohl charmant erreicht. Eine schöne selbstironische Sache, denn Al Pacino hat sich da eventuell schon mal damit bekanntmachen dürfen, was in einigen Jahren allen realen Medienstars passieren könnte. Sie werden reporduziert und in Filmen eingesetzt, weit über ihr reales Verfallsdatum hinaus. Das wird wohl nur die Juristerei verhindern können ...
Ich konnte jedenfalls einige Male schallend lachen. Danke dafür.