Heute war Schawinski wieder mal in Form. Mir scheint, die hat er nur, wenn es beim Gegenüber jeweils um jemanden geht, dessen Meinung oder Art er aufs Verrecken nicht leiden kann ... :-)
Aber das macht ja nichts. "Wer fragt, der führt" sagt man, aber auch "Wer fragt, zeigt wes Kind er ist". Auch nicht neu. Der Journalist Reichmuth sagt, dass er nicht in den Chor der Wissenschaftler einstimmen will, die den Klimawandel für menschengemacht halten.
Das konnte Schawinski nun wieder mal gar nicht verstehen. Ich selbst finde es auch eine etwas merkwürdige Hypothese, denn es gibt so viele Argumente, dass es schon so sein könnte. Es gibt auch einige, die das noch lange nicht als gesichert anschauen. Dies sei mal dahingestellt.
Was mich aber am meisten erstaunte: Reichmuth sagte mehrfach, dass es eine Katastrophe wäre, dem Menschen die fossilen Brennstoffe wegzunehmen. Begründung ist natürlich - und das ist wohl unbestritten - dass das eh nicht innert 1-2 Generationen geht - und eine Hauruck-Aktion soviel bisher unbekannte Nebeneffekte heraufbeschwören würde, dass es einfach riskant ist. Er benutzte dazu das Bild eines Patienten, dem man ein Medikament verpassen würde, ohne dessen Nebeneffekte zu kennen.
Mir allerdings erschien gerade dieses Argument als gar nicht in die Diskussion zu gehören. Ich hatte jedoch den Eindruck, dass Reichmuth es nahm, um das Menschengemachte abzulehnen. Um in seinem Bild zu bleiben: Es gibt aber auch sogenannt "experimentelle Therapien", die meistens von Austherapierten doch gewagt werden, obwohl die Mehrheit der "Etablierten" es für riskant, unerforscht, ungesichert etc. halten. Wenn diese Therapien dann was bringen, gibt es ein "Oha" und sie schleichen sich in die Standardtherapien ein und werden "etabliert".
Natürlich hat Reichmuth recht, dass man den Teufel nicht mit dem Beelzebub austreiben wollen soll. Aber auch er weiss nicht, ob es der Beelzebub ist, was die Energiewende in der BRD ist oder auslöst. Ich weiss es natürlich auch nicht. Dennoch halte ich eben nichts davon zu sagen, das Klima sei Millionen von Jahren alt. Und wir doch erst mit der Industrialisierung grade mal etwa 200 Jahre. Und Vulkanausbrüche, Waldbrände, Erosionen, Sonnenminima etc. habe es doch immer gegeben. Ja, doch ich denke, dass die derzeit erfolgreichste säugende Spezies auf dem Planeten der Mensch ist. Der hat sich nämlich überhin ausgebreitet. Ameisen gibt's auf den Polen wohl kaum, aber Menschen. Wir haben uns dank Gedankentätigkeit, Planung, Umsetzung und viel Kooperation überall auf dem Planeten behaupten können. War ja vielleicht auch unser Zweck "Vermehret euch und macht euch die Erde untertan" oder so ähnlich.
Ich denke, das haben wir gemacht. Rücksichtslos. Dass wir diese Fähigkeit auch haben, dazu muss man nun keine Geschichte bemühen ... oder gerade eben die Geschichte.
Nun sind wir so erfolgreich, dass wir unser Habitat verwüsten, weil wir einfach nicht aus unserer Haut wollen. Immer mehr und mehr, woher denn? Dieser Drang liess es einige schaffen, zu den Polen zu gelangen, dort auch zu forschen, es dort auszuhalten. Oder an anderen relativ unangenehmen Orten zu leben. Diese Power kann uns aber eben auch kannibalisieren, vernichten.
Letztens kam eine interessante philosophische Betrachtung über Glauben und dessen Zusammenhang mit Verschwörungstheorien. In Einstein war's glaube ich. Da wurde gezeigt, dass Gläubige leichter solchen Theorien verfallen. Eigentlich klar, denn sie glauben ja. Woran sie glauben, das ist nur noch der einzige Unterschied. Haben sie mal eine bevorzugte Geschmacksrichtung erkoren, glauben sie - und ignorieren. Alle Andersgläubigen sind dann des Teufels oder einfach zu dumm. Lässt man sie leben, gut. Aber es gibt eben die, die dann missionieren ...
Ungläubigere Leute haben dies so nicht. Die haben es natürlich auch nicht leichter. Denn ihnen erklärt niemand, was eine Wahrheit sei. Niemand setzt ihnen was vor, um ... sie zu manipulieren vielleicht? Wer weiss.
Wer weiss denn wirklich, ob unsere Welt erschaffen wurde von einem genetischen Algorithmus oder von der Power eines erschaffenden Geistes, eines Bewusstseins, dem wir alle entspringen? Könnte man dann nicht sogar sagen, dass die Gläubigen mit ihrer Kraft die Welt erschaffen, in der auch die Kritischen leben müssen? Wer hat also die "Wahrheit"? Schaut man in als Ungläubiger in die Welt, kann man durchaus sagen, dass die Lebenswahrheit für viele Millionen Menschen durchaus vom Power der Gläubigen bestimmt ist.
Ein Selbstmordattentäter ... rational? Ich denke nicht, gläubig an die Theorie seiner Verführer, ja. Rational "bekehrbar"? Ich denke nicht. Aber sein Glaube und die damit schlussendlich begründete Tat hat mehr Macht und Auswirkung als der eines Mediators, eines Wissenschaftlers auf seine Umwelt. Aber halt nur einmal.
Vielleicht sieht man hier etwas Unterschiedliches: Der Zeitraum. Es könnte sein, dass der mühsamere Weg, alle mitzunehmen, viel länger dauert, dann aber der Gesamtheit nützt. Während der abgrenzende gläubige Weg, der andere ausgrenzt, schneller was bewirkt, aber nichts für die Gesamtheit bringt.
Glaubt jemand, dass der Trump wichtig sein wird nach spätestens 7 Jahren? Er wird ein Ex werden und in der Versenkung und Lokalität verschwinden. Dennoch hat er derzeit viel Macht, Wirrwarr zu stiften.
Wer hat die "Wahrheit"? Als inkarnierter Mensch haben wir diese wohl alle nicht. Es gibt 7+ Milliarden Menschen, also gibt es 7+ Milliarden Wahrheiten. Einige sind sehr persönlich, andere sind eher gruppenfähig. Einige sind darwinistisch, andere sind anthropisch.
Zurück zu Schawinski und Reichmuth. Mir gefiel, dass Reichmuth eine Meinung veröffentlicht, die derzeit der Etablierten widerspricht. Ob er "Recht" hat, wird die Menschheit in 100 Jahren wissen, jetzt ist es noch Spekulation. Ob er "Unrecht" hat, weiss man auch nicht, 95+% der Wissenschaft meint es so.
Ich gehöre auch zu denen, denn für mich ist der Energieerhaltungssatz und die Physik schon ein recht stabiles Bollwerk. Doch, vor etwa 300 Jahren glaubte man auch noch in der Wissenschaft, es sei nun alles Erforschbare erforscht und damit basta. Und wie sie sich irrte ...
Wenn eine Spezies die CO2-Senken reduziert, die CO2-Bildung forciert ... tja, muss man da Gläubiger oder Wissenschaftler sein, um zu erkennen, dass dies zumindest das aktuelle Verhältnis des CO2 in der Atmosphäre verändert? Und das dies Auswirkungen haben wird? Dies kann doch jeder zugeben, anerkennen, glauben oder mal als Arbeitshypothese nehmen. Letzteres tun ja die Wissenschaftler. Und dann bauen sie Theorien ... Gläubige tun ja offenbar genau das nicht.
Ich erlaube mir natürlich kein Urteil über Reichmuth. Mir, eben einem eher Ungläubigen, oder Physik-Gläubigen, machte er den Eindruck eines Verweigerers - der durchaus gute Argumente auffahren konnte. Denn: Wie gesagt, ich bin ein Physik-Gläubiger, ich habe zwar keinerlei Experimente in diesem Leben durchgeführt, ausser, dass der Körper in diesem Universum lebt. Meine Sicht auf die Welt macht mir die Physik plausibler. Wenn ich aus dem Fenster hänge, falle ich eventuell runter, wenn mein Schwerpunkt nicht mehr in einem stabilen Gleichgewicht der Kräfte ruht. Oder ich fall vom Fahrrad. Diese Erfahrung habe ich öfters gemacht. Die Physik hat ein Erklärungsmodell, das ich mir aneignete, so dass ich vorhersagen kann, wenn ich dies oder das tue, haut's mich auf den Sack. Und wenn ich sogar meine, es ignorieren zu können, haut es mich auch auf den Sack. Daher "glaube" ich der Physik. Weil es halt für mich derzeit kein besseres Erklärungsmodell für mich und meine physische Umgebung gibt.
Dennoch könnte alles auch anderes sein. Siehe meinen letzten Beitrag. Vielleicht gibt es Gott? Vielleicht gibt es den grossen Experimentator, in dessen Petrischale und Inkubationskammern wir uns wie Pilzsporen vermehren.
Mein Lieblingsphysiker und -astronom, Harald Lesch, sagte öfters auf entsprechende Anfragen: "Wir können nichts über die Schöpfung sagen. Wir machen nur Innenarchitektur". Was er damit meinte, wir sehen halt nur das, was unsere Sinne innerhalb dieses Raum-Zeit-Systems überhaupt sehen können. Dies bildet das, was wir dann Naturgesetze nennen. Was es da eventuell sonst noch gibt, ausserhalb des Universums, können wir nicht wissen. Wir wissen ja nicht einmal, ob wir uns innerhalb eines Schwarzen Loches befinden oder nicht.
Und dann noch etwas von einem anderen Physiker, Heisenberg. Es wird ihm zumindest zugeschrieben und ist berühmt (nicht mal dies wissen wir genau).
"Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaft macht atheistisch; aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott."
Es spielt keine Rolle, wer das sagte, aber es ist eine gute Beschreibung desselben, von Harald Lesch mit Innenarchitektur beschriebenen Dilemmas: Wir können es nicht wissen. Wir können nicht mal entschieden, ob das anthropische System nun schwach oder stark ist.
Wer allerdings einfach mal seinen Biocomputer, sprich Verstand, vorurteilslos an die Sache ranlässt, kommt drauf: Es gibt wohl keine Wahrheit, es gibt nur ein Anerkennen dessen, was da um einen herum erfahrbar ist. Und vielleicht kann man dann wenigstens in die Richtung arbeiten wollen, wie man es auch noch weiterhin haben möchte. Ich persönlich mag Schnee, ich möchte also Dinge in meinem Einflussbereich tun, die meinen CO2-Ausstoss verringern. Ob das für andere Sinn macht ... die Physik meine ich ... ich hoffe es, denn dann haben wir eine gemeinsame Diskussionsbasis.
Ob der Klimawandel nun menschengemacht ist, spielt keine Rolle. Es spielt nur eine Rolle, ob wir es so haben wollen, sollte es wärmer werden. Damit umgehen müssen Nachfolgegenerationen von Lebewesen ohnehin. Es wird wohl einigen schaden, sprich sie dezimieren, anderen nützen, sprich sie werden florieren. Dass der Mensch als aktiv physisch veränderndes Wesen Einfluss hat auf diese ebenfalls physische Umwelt, steht für mich ausser Frage - denn er ist die Umwelt.
Drum finde ich Schawinski oft spannend: Es zeigen sich Anschauungen, aber sicher niemals Wahrheiten.