Kindsmord, Paris, Pegida - und Schnellschiesser

So, nun schreib ich halt auch noch meine Gedanken zu Paris, Pegida und Kindermord in Flach.

Wie heute einer im Sonntalk sagte: Man soll nicht sofort die Klappe aufreissen. Nur weil Facebook, Twitter und WhatsApp da sind, die Welt also weder Geographie noch Verbreitungsverzögerungen mehr für News kennt, heisst das nicht, dass man verbale Schnellschüsse machen muss.

Gerade im Kindsmord in Flaach - nach dem die Schnellschiesser natürlich sofort eine Behörde, die KESB, ins Visier nahmen ... gibt es nun weitere Informationen: Dass diese Eltern massiv betrügerisch unterwegs waren, Mietnomaden, weil sie keine Miete bezahlten, Versteigerungsbetrügereien (übrigens auch etwas, was erst das Internet in diese Höhen treiben konnte) und offenbar noch einiges anderes.

Beobachtet man sowas, was würden wohl die Schnellschiesser dann machen mit den Eltern bzw. mit deren Kindern? Na, wie lautet die Schnellschusslösung? Da wär ich ja gespannt ...

Es zeigt sich immer wieder: Die allermeisten mischen sich viel zu schnell ein - nicht wissend, was Sachlage ist. Und als Schnellschiesser haben sie ihre Emotionen nie unter Kontrolle, sonst hätte es gegen die KESB wohl keine Morddrohungen gegeben. Oder viel gefährlicher: Sie nutzen die Kenntnisse der emotionalen Mechanismen, um diese Energie in ihrem Sinne zu lenken.

Schnellschiesser wollen nicht anerkennen, dass es Problemlagen gibt, die erstens kompliziert und schwierig sind und zweitens bei einem Eingriff sicherlich die einen vor den Kopf stossen werden. Und in der späteren Rückschau vielleicht als ganz falsch oder auch als ganz richtig behandelt beurteilt werden.

Also, die KESB habe die Kinder dieser Frau also eingedenk all dieser uns damals unbekannten Fakten für die Festtage zurückgegeben, sie aber dennoch wieder ins Heim stecken wollte. Immer noch sooo falsch? Wer wagt das wirklich zu beurteilen und vor allem, die Konsequenzen der eigenen Entscheidung zu übernehmen? Die Schnellschiesser sicher nicht.

Ditto Paris: Einfach zur Erinnerung: Es gibt keine Zeit - es gibt nur bestätigte oder unterdrückte Emotionen. Vergisst Frankreich, dass es eine Kolonialmacht war? Was es in Afrika mitverantwortete? Algerienkriege? Indochinakriege? Haiti? Dass es Machtansprüche hatte? Diese ja mit der Atombombe immer noch haben will?

Nun, diese Betrachtung ist vielleicht vielen zu esoterisch, dennoch, diese Attentäter haben wohl Frankreich schon gezielt gewählt ... ein Satiremagazin ist halt sehr symbolisch. Würde es bei uns den Nebelspalter treffen, ich weiss nicht, wie's bei uns wäre. Was mir gefallen hat, ist die schnelle Darstellung, dass man die eigenen Werte nicht einfach niederkriegen kann ... es wird den Menschen wohl schon bewusst, dass man eigentlich sagen dürfen MUSS, was man will. Es ist ja immer der Empfänger, der etwas bei sich einordnet, dem die Emotionen in den Kopf schiessen etc.

Im Deutschen gibt es das Bonmot: "Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um."

Hier wurde die Bundesrätin ob ihres Twitterschnellschusses auch sofort bekritelt. Der ihr zugeschriebene Text "Satire darf nicht alles" wurde als unangemessen tituliert. Wieso denn? Wieso passte das den Schnellschiessern nicht?

Darf man unter dem Schutzmantel der Meinungsfreiheit wirklich alles? Darf man das nur darum, weil das (lokale) Gesetz es erlaubt? Ist dies die Rechtfertigung, andere emotional gewollt zu treffen? Selbst wenn sich eine grosse Mehrheit der Menschen hinter einen stellen? Ich fragte ja auch in meinem Artikel über Schawinksy versus Thiel, ob man unter dem Deckmäntelchen der Religionsfreiheit alles sagen und machen dürfe. Hier also dieselbe Frage.

Die Charlie Hebdo Leute wussten, dass sie genau gemäss dem genannten Sprichwort lebten. Nun kamen sie um. Punkt.

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Schawinski entschuldigt sich, aber nicht bei Thiel

So, Schawinksi entschuldigt sich bei den Zuschauern, aber nicht bei Thiel. Immerhin, meine Frage, wieso das denn ausgestrahlt wurde, ist damit beantwortet. Ich weiss ja nicht, ob seine Talkshow live ist oder nicht. Ist an sich egal. Im 20min Blog lese ich ein Interview, in dem Schawinski sich rechtfertigt, er für seine Aktion also nachträglich ein Recht fertigt. (Mir geht es in dieser kleinen Wortzerlegung nicht darum, Deutsch zu zelebrieren, sondern darum, dass der Leser sich mal wieder die ursprüngliche Bedeutungen von Wörtern bewusst macht.)

Denn aus der Rechtfertigung folgt irgendwann die nächste, gleichartige Reaktion auf äussere Reize. Wenn ich mir ein Recht fertige, etwas zu tun, so will ich damit die Absolution, dass ich etwas auch weiterhin so tun kann. Eine einmalige Aktion wird daher über den Entscheid der Rechtfertigens zu einer Fixierung. Da sich die Welt und die Situation aber immer ändern, reagiert eine Fixierung daher eigentlich immer falsch, zumindest aber unangebracht.

Und genau das zeigt Schawinksi weiter unten in diesem Interview. Auf die Frage, wieso er Thiel denn eingeladen habe (auch meine Frage): Er, der meistens sehr aggressiv und invasiv diskutiert, findet dann nach Rechtfertigungen schlussendlich "Thiels Verhalten schändlich". Für mich war mit diesem Satz unmittelbar klar, was da gelaufen ist.

War einfach mal einer da, der Schawinksi den Spiegel vorhalten kann? Scheint so.

Es spielt doch keine Rolle, was der andere macht - Emotionen habe ja ich, nicht der andere. Wieso rechtfertige ich mich dann "der andere ist der Sauhund"? Das ist ja unmittelbar einleuchtend, dass der andere sicher nicht der Grund, sondern nur der Auslöser eigener verborgener Emotionalität sein kann.

Wir Menschen interagieren ja fast alle immer an jedem Tag mit anderen. Nicht alle, Buddha und andere Weise zogen sich in die Klausur zurück, teils jahrelang, um endlich mal klar zu sehen, was denn wirklich läuft.

Sie alle erkannten, dass jeder sich entwickelnde Mensch endlich mal lernen muss, dass nicht der andere ein Problem ist, sondern man selbst.

Weiss ich das nicht, kommt einer daher wie Thiel und provoziert mich und ich falle rein. Oder in meinem persönlichen Fall, provozierte Schawinski mich, ich schrieb ja, dass es für mich fast unerträglich war, der Sendung zu folgen.

Schawinski Recht-fertigt sich also und findet Thiel immer noch so, wie er ihn ja betitelte. Also nichts Neues, Warenmuster mit geringem Wert.

Eigentlich hätte Schawinski Thiel danken müssen, dass jener da war, um seine eigene Schwäche aufzuzeigen.

Starke Egos - wie Schawinski sicher eines ist - haben damit aber meistens Mühe. Und das unterscheidet sie von Weisen. Starke Egos sind starke Fixierungen.

Ich hatte mal den Spruch gelernt, dass der Lehrer dem Schüler dankbar sein muss, dass er jenem was beibringen dürfe, nicht umgekehrt ...

Bedeutet also, dass der Blick nicht auf den anderen gerichtet ist, sondern auch sich selbst, denn der Lehrer wählt doch seinen Beruf, weil er was weitergeben möchte. Diese Verwirklichung ist aber nur möglich, wenn Schüler da sind. Sind beide da, ergibt sich ein Ausgleich und beide Absichten - Lehrer sein, Schüler sein - können sich verwirklichen - in Freude hoffentlich. Das ist dann Leben.

Schawinski zeigt in seiner Rechtfertigung, dass er als Intellektueller natürlich eine gewisse anerzogene, gelernte und auch kultivierte Toleranz hat, für die er sich auch grad rühmt im Interview.

Dennoch ist auch er ein emotionaler Mensch und (noch) nicht weise. Denn er erkennt offenbar nicht, dass es nicht Thiel ist, der seinen Ärger verdient, sondern es die eigene Ohnmacht gegenüber religiös verbrämten Idiotien ist, die sich in dieser Welt halt darstellen.

Er erkennt also wohl nicht, dass Thiel der Tropfen ist, der das Fass des Unverständnisses in Schawinskis eigener Gedankenwelt zum Überlaufen brachte - Thiel war halt einfach der, der als Agent Provocateur den letzten Tropfen fallen liess und daher dafür die ganze Fassladung abbekam. Wie's dem dabei und danach erging, der hat ja daran sicher auch zu knabbern ...

Ich erlebte Schawinskis Emotion als Trigger bei mir am Körper als Unruhe, höhrer Puls, Drang abzuschalten. Ich bemerke also, dass ich eine Resonanz habe, und dass Schawinski etwas in mir anregt. Ich erkenne Schawinski also an als Auslöser von etwas in mir, nicht als Grund, dass ich unruhig wurde.

Wenn man das Wort Toleranz nutzen muss, zeigt man damit schon an, dass man nicht übereinstimmt mit dem Gegenüber, seine Haltung der Höflichkeit halber aber akzeptiert und sich dagegen positioniert. So ist wohl die allgemeine Auffassung dieses Wortes.

Toleranz ist also kein echtes Verständnis, kein Einfühlen. Sondern eine intellektuelle, angelernte Verhaltensweise. Viele sogenannt tolerante Leute sind scheinheiliger als sogenannt intolerante Radikale. Letztere zeigen ihre Emotionen offen, erstere lassen ihre Emotionen nicht los, sondern unterdrücken sie. Letztere schlagen anderen die Rübe ein, erstere halten sich zurück und diskutieren darüber, wie sich die anderen benehmen.

Man sieht das auch schön in den Diskussionen zu den aktuellen Themen: Wie begegnet man den Flüchtlingen aus Afrika, die nach Italien kommen? Wie denen aus Syrien? Wie geht man mit Radikalen um? Wie kommt man mit Putin und der Ukraine-Annexion klar? Alle diese Themen gehen direkt am Verstand vorbei und triggern vorhandene Emotionen. Und auf die reagieren wir dann. Einige gemäss Auge-um-Auge, einige suchen andere Wege.

Ein verstandeskontrollierter Mensch kennt wohl mit der Zeit viele seiner Macken (=Emotionen) - und hat gelernt, wie er damit umgehen soll, denn sonst wäre er wohl bald nicht mehr sozialkompatibel. Dennoch sind die Emotionen ja da - einfach im Schlafmodus. Kommt ein Weckruf, knallen die jegliche Verstandessicherung durch.

Das ist ein ganz einfacher Mechanismus dieser bipolaren Ebene. Bewusstseinstraining hilft einem Menschen, der sich diesem andauerndem PingPong nicht mehr ohnmächtig ausgeliefert erleben möchte, in dieser bipolaren Welt klarzukommen.

Wer wie andere Kommentatoren Emotionalität als Pfeffer und Salz empfindet, der braucht sich darum natürlich nicht zu kümmen. Fragt sich nur, wie geht's dem Kommentator, wenn's ihn dann mal selbst betrifft.

Buddha sagte doch irgendwie, es ist alles eine Illusion. Wenn dem so ist, wieso lasse ich mich denn so aus der Ruhe bringen, verurteile andere? Die's ja dann nicht gibt? Und noch viel schlimmer, dann gibt es mich ja auch nicht ... :-)

Tja, im Film redet der Held auch davon, dass er ein Leben hat - und wir Zuschauer wissen, dass es nur eine Illusion ist ... doch was wirklich bei uns ist, aber nicht im Film, ist die Emotion. Drum machen wir Filme wie die Verrückten und transportieren damit doch nur Reize für Emotionen ...

Titanic ist dann plötzlich ein toller Film, obwohl es doch auch nur um ein absaufendes Schiff geht, weil ein Kapitän nichts geschnallt hat. Ach ja, der Kahn da in Italien, die Costa Concordia mit dem relativ veranwortungslosen Kapitän ... in ein paar Jahren macht Cameron auch einen Film daraus. Dicaprio ist dann wohl zu alt für den Helden, und der Kahn kippt ja seitwärts statt über Bug abzutauchen ... Nun, Cameron wird das schon so hinkriegen, dass die Emotionen in die Papiernastücher und die Kohle in seine Kasse fliessen. Verführerisch, die Ähnlichkeit der Vorstellung und Wirkung ... das ist die Erkenntnis, es geht immer nur um Emotion.

Rotzt man das Taschentuch voll, ist es eine wohlige, romantische, verträumte, sehnsüchtige Emotion. Köpfen die IS Leute andere, ist es eine ohnmächtige, hasserfüllte, verständnislose Emotion. Alles geschieht nur, um in uns Emotionen auszulösen ...

Schon lustig, wie es sich so darstellt. Buddha hatte also recht, das mit der Inszenierung ...

Ah ja, ich möchte noch klarstellen, dass ich einen grossen Unterschied zwischen Gefühl und Emotion mache. Dass es den gibt, kann jeder leicht erkennen, er muss nur mal auf seine Sprache achten ...

So, zum Schluss zum Titel zurück: Ich finde, Schawinski sollte sich beim Thiel entschuldigen. Dann macht er einen persönlichen Schritt. Tut er's nicht, bleibt die Fixerung bei ihm bestehen, die Emotion also auch. Mir auch egal - im besten Sinne des Wortes. Einfühlen konnte ich mich in beide gut. Drum fand ich's ja auch so schade, wie's gelaufen ist.

Schawinksi entwürdigte sich und zog gegen Thiel den kürzeren

Wow, selten so gestaunt, dass Roger Schawinski so ins Schnaufen kommt. Egal, ob er Showmaster ist, gestern Montag hat er sich unprofessionell erhitzt und damit eine Diskussion, auf die ich schon gespannt war, total in die Tonne getreten und sich als sehr unsouveräner Interviewer, oder besser, Beschimpfer und Verunglimpfer dargestellt. Denn eigentlich hätte es sehr spannend werden können, wenn zwei sehr intelligente Leute argumentativ aneinander geraten.

Thiel hatte wohl recht, dass Schawinski die Mehrzeit der Zeit quatschte. Es hat ihn wohl erwischt ... so holen einen Emotionen ein, auch wenn sie vielleicht nicht einmal aus eigenem Leben stammen. Wieso er diese Sendung dennoch so ausstrahlen liess ... nun ja, the show must go on ...

Es war fast unerträglich mitanzuhören, wie Schawinski an Souverenität verlor. Wie er Thiel keinerlei Ausführungen zugestand, fällt ihm dauernd ins Wort, beleidigt ihn mit Sätzen "ich habe noch ein paar Bücher mehr gelesen als du überhaupt kennst".

Es ist schade, dass er nichts aus der Affiche machte. Der die Sendung üblicherweise beendende Handshake kam dann auch von Thiel, nicht von Schawinski. Gut, es ist TV und man weiss nie, was da gespielt wurde. Aber eben, man achte auf die Atemfrequenz von Schawinski und ziehe seine Schlüsse daraus.

Ich hatte mich beim Thiel auch gefragt, was seine Absicht ist, diesen Koran-Artikel zu schreiben. Schawinski hatte einige Fragen ja schon richtig vorbereitet, denn ich fragte mich auch, ob es Thiels Absicht ist, Emotionen zu schüren, Extremisten noch mehr Pulver zu geben, oder Eskalationen wissentlich in Kauf zu nehmen ... diese Frage ist bei mir immer noch offen.

Nun, wenn ein Selbstmordattentäter nun halt den Thiel in die Luft jagt, weiss der wenigstens, dass er es provoziert hat. Andere mögliche Opfer sind involviert, ohne dass sie von irgendwelchen Dingen wussten oder sich äusserten. Wie auch an diesem Tag, zwei Geiseln in einem Restaurant in Sydney. Attentäter ein sich religiös gebender Selbstmörder. Kann man da verbal einheizen, ist das klug?

Anstatt dass Schawinski Thiel ausreichend Zeit gab, seine Argumentationslinie aufzubauen und zu erklären und Thiel sich damit ev. selbst entlarven zu lassen, bot er ihm die Möglichkeit zu zeigen, dass Religionsfanatiker genau so sind, wie Thiel sie anprangerte: Sie lassen sich nicht auf sachliche Diskussionen ein. Genauso wie Schawinski in diesem Fall.

Nun ist es ja seine Show, zieht er einen Schuh voll Dreck raus oder will er unflätig werden, ist das seine Sache - sein Ruf leidet gegebenenfalls. Ich fand es schade. Denn klar, Schawinski ist ein Jude und daher vorbelastet, aber dann lädt man sich keinen Andreas Thiel ein, wenn man wohl schon im Vorfeld merkt, dass das Thema einen über Gebühr erhitzen könnte. Denn dann kann man gegen Thiel wohl nur verlieren.

So war 1. für mich der Gehalt dieser Show gleich 0 und 2. Thiel der klare "Sieger". Obwohl es ja kein argumentatives Gefecht war, sondern ein Darstellen von uralten und massiven Emotionen. Thiel schürte sie, Schawinski fiel drauf rein. Punkt. Hätte ich echt nicht gedacht, dass man so ein altes Medienschlachtross noch zu einem verbalen Amoklauf aufstacheln kann. Dass Schawinski emotional wurde, ist ja kein Probelm, aber das Auslassen an Thiel, das ist eines.

Nun denn. Ich hatte zuvor auch schon gedacht, ich würde Thiel fragen, ob es denn in der Bibel nicht auch Stellen martialischen Inhalts gäbe, die, wenn kontextfrei zitiert, eine grausame christliche Religion darstellten. Dass das alte Testament auch für mich nichts mit dem neuen Testament, nota bene mit der wörtlichen Herkunft des Christentums zu tun hat, ist mir schon im Gymnasium im Religionsunterricht bei Hr. Cabalzar aufgefallen. Auch für mich hatten die beiden Testamente nichts miteinandern zu tun - nur schon in der damaligen Lesung, wo ich noch nicht einmal interessiert war, etwas über die Autoren und Beweggründe zur Erzeugung der Bibel wissen zu wollen - das kam dann bei mir erst später.

Auf diesen Punkt, dass Thiel öfters anhob, dass die Leute in den verschiedenen Religionen an einen guten Gott glauben, dass er also womöglich einfach diese Unverträglichkeit darstellen wollte, liess Schawinski ihn gar nicht kommen.

Ich persönlich denke, dass dort genau das zu finden wäre, worauf Thiel rauswollte. Er möchte ja nach eigenem Bekunden die Diskussion. Auch darüber, was wir unter dem Begriff "Religionsfreiheit" alles durchgehen lassen wollen. Diese Diskussion finde ich auch sehr, sehr nötig. Und da gibt es Schattenseiten bei allen Religionen. Auch darauf liess Schawinski ihn nicht eintreten, obwohl er hier die Chance gehabt hätte, Thiels Argumentation 1. zu verstehen und 2. ihn eventuell ja auch kontern zu können.

Ich finde Schawinskis emotionale Art nicht per se schlecht. Als er in seinem Sender mal in einem Talk Täglich ein Buch einer Psychologin als Schrott abtat und hinter sich warf, zeigte er, dass er gewissen Positionen und Haltungen nicht gelassen begegnen kann oder will. Das sei ihm unbenommen. Doch sein Aufspielen, seine Überheblichkeit anderen Meinungen und Intention gegenüber, die fand ich gestern also unannehmbar und entwürdigend.

Es zeigt sich in diesem Beispiel allerdings wieder: Es gibt sie immer noch: gewaltige Tabus ... Sex, Geld und Religion. Es ist eigentlich erstaunlich, dass der Mensch immer noch meint, es gäbe Dinge, die richtig oder falsch sind. Wissenschaftlich könnte man die Beobachtungen aus der Quantenwelt herbeiziehen, um zu zeigen, wie irrwitzig diese Annahme ist. Aus der Kosmologie die Erkenntnisse über die Grösse des Universums und die Nichtigkeit der Menschlein auf der Erde. Aus den Philosophien das Wissen, dass alles ändert, das einzig Beständige ist die stetige Veränderung. Und natürlich aus der Religion, die Gleichheit aller Menschen - nicht deren Verhaltenweisen. Aber dazu benötigt der Gläubige viel Offenheit - und Mut. Der Mut, eigenes Geglaubtes einer Prüfung zu unterziehen, statt sinnlosem Daranfesthaltens.

Die Piraha leben in der Gegenwart

"TV macht dumme Leute dümmber, gescheite Leute gescheiter", hab nicht ich gesagt, stimmt aber. Man hat's ja selbst in der Hand, was man sehen möchte. Heute wollte ich eigentlich nicht TV schauen, aber in der DOK-Reihe kam ein interessanter Film über das indigene Volk der Piraha, das im Amazonas-Urwald lebt. Gemäss einem zum Sprachforscher aufgestiegenen, ehemaligen Missionar, Daniel Everett, haben sie in ihrer Sprache einige Besonderheiten, die die etablierte Linguistik-Wissenschaft erschütterte

Zu der Sprache kam er offenbar dadurch, dass als Missionar eingetroffen bei den Piraha, er diese halt nicht konvertieren konnte, im Gegenteil, von ihnen zum Atheisten geführt wurde. Wenn ein Missionar sowas mit sich machen lässt, muss er Dinge erlebt haben, die ihn erschütterten in seinem Weltbild.

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Das StarGate steht in Dessau-Brambach

Letztens war ich für einen Kurzurlaub in Dessau. Ein Gasthaus in Brambach wurde mir empfohlen. Brambach ist ein abgelegter Weiler der deutschen Stadt Dessau in Sachsen-Anhalt und liegt direkt am rechten Ufer der Elbe. Auf dem gegenüberliegenden Ufer ist Natur pur - nachts nichts zu sehen, weil unbewohnt, unbefestigt, Wald. Scheinbar endlos, weil es in jener Region auch topfeben ist.

Ich hatte ein Zimmer mit Balkon und da ich ein Nachtmensch bin, sass ich oft auf demselben und genoss die mächtige Stille, das Ausbleiben von Fremdlicht ... bis auf eben dieses. Tagsüber ein Tor am Ende eines Anlegestegs für Flussdampfer, des Nachts fast schon mystisch ein Tor in eine andere Welt ... für mich als Sci-Fi Fan war die Assoziation naheliegend ... ;-)



Wenn das neueste Windows 8.1 nicht mehr richtig druckt am Terminalserver ...

Ich schreibe ja selten über Technik, die Teil meiner Tagesbeschäftigung ist. Jetzt muss ich mal wieder, weil es etwas Mühsames ist. Ich betreue die IT eines Demenz- und Pflegeheimes, in dem etwa 40 PCs verschiedenen Alters als Endgeräte an einem Terminalserver 2012 agieren. Aus der Historie haben wir immer noch einige alte, an den PCs per USB angeschlossene HP 1022 LaserJets.

Aufgrund einiger anderer Problematiken haben wir die Betriebssysteme der alten PCs, die ja nur per RDP auf den Terminsalserver zugreifen, auf Windows 8.1 aktualisiert. Da diese LaserJets bei den Benutzern stehen, wollen die sie auch weiterhin benutzen, obwohl wir grosse Etagen-Drucksysteme haben. Sie werden daher im RDP als lokale Resource in die Terminalserversitzung importiert. Das hat immer funktioniert, seit XP Zeiten bis zu Windows 7. Nicht aber beim neuesten Windows 8.1.

Da sind nun zwei merkwürdige Dinge aufgetaucht, eines davon ist wohl verbunden mit dem "HP Universal Printing" Treiber. Das Problem wurde offenbar durch eines der Updates des Terminalservers 2012 im August eingeführt.

1.
Alle Drucke auf HP Drucker, die vom Terminalserver aus gespoolt werden, sind langsamer geworden. Die Verzögerung bis zum Start der Ausgabe auf allen unseren HPs ist ca. doppelt so lang wie früher und die Ausgabe hat Schluckauf, das heisst, alle paar Seiten entsteht eine 2-10 sekündige Pause. Das war auch nicht so vorher. Unsere HPs sind ausser der 1022 alle direkt IP-angesteuerte Drucker. Diese Verhaltensänderung haben wir nicht bei anderen IP-Druckern von Kyocera, Oki und Lanier.

2.
Der von Windows 8.1 von selbst eingesetzte Treiber für den USB nennt sich "HP 1022 LaserJet Class Driver" funktioniert zwar in der Terminalserversitzung, ein Ausdruck darüber - sowohl lokal als auch in der Terminalserversitzung - lässt den 1022 aber mit der roten LED aufleuchten und es kommt kein Papier raus. Ein Druck auf die Raute-Taste des 1022 spuckt den Job aus ohne irgendein Problem. Sowas ärgert die Benutzer und somit auch mich.

Auf dem Terminalserver gibt es auch noch einen vom HP Universal Printing wohl eingerichteter "HP 1022 Laserjet" Treiber. Wählt man den aus, gelingt das Drucken lokal ohne diesen Fehler, aber in der Terminalserversitzung ergibt ein Druck darauf einen direkten Fehler im RDP.

Wie wohl alle Administratoren wissen, sind Benutzer manchmal störrisch, sie wollen ihre lokalen Drucker behalten. Und wir als Firma wollen aber keine lokalen Drucker mehr kaufen. Und diese 1022 LaserJets machen mir nun nur im Windows 8.1 Ärger.

Wenn hierzu jemand etwas Weiterführendes weiss, freue ich mich auf eine Nachricht. Natürlich haben wir alle Drucker-Treiber von HP aktualisiert, Treiber für Windows 2012 für den HP 1022 gibt es natürlich nicht.

Vielen Dank.

Und noch ein Argument fürs bedingungslose Grundeinkommen

Letzthin fuhr ich wieder mal zu normalen Geschäftszeiten von Zürich nach Hause, über den Üetliberg und Hausen. Aber natürlich nicht über die neue Autobahn, sondern über die alte Strecke, das Reppischtal.

Obwohl gräulich der Himmel, gefiel mir die Fahrt im Cabrio. Denn niemand mehr drängelte, fast kein Verkehr - für die Heimkehrer in die Satellitenkäffer war's noch zu früh.

So fuhr ich gelassen - ab und an von Stressern überholt - auch in Äugst am Albis. Hier gibt es eine Metzgerei, die ich schon lange mal besuchen wollte. Ich besuche seit Jahren immer mal Metzgereien und probiere deren Spezialitäten, sofern sie sie noch selbst machen. Also trat ich ein, eine kleine Theke mit allerlei, nicht mehr nur reine Fleischwaren.

Da mein Götti und Vater aus dem Reppischtal stammen, fragte ich die Frau, ob sie meinen Götti noch kenne. Sie bejahte und so kamen wir etwas ins Gespräch. Ich fragte sie, wie sie denn wirtschaftlich durchkämen seit Eröffnung der Autobahn. Sie meinte, sie hätten am Tag der Eröffnung eigentlich zumachen können. Und seither sei es so geblieben. Sie würden auch bald schliessen, denn sie würden bald pensioniert. Es gehe derzeit sowieso überhaupt nur noch, weil sie sich auch auf Party-Service und Catering erweitert hätten.

Das nennt sich Strukturwandel. Ein Dorf wird dann wieder eine oder gar die letzte Metzgerei verlieren. Ist das tragisch? Kommt wohl drauf an, wie es dem Inhaber-Paar ergeht. Werden sie durch den Strukturwandel in eine wirtschaftliche Enge gedrängt? Reicht es ihnen danach zum Leben? Ich hoffe es für sie, denn ihre Produkte sind sehr gut - ich mochte alles, was ich kaufte.

Und wenn nicht? Weil halt die Dörfer im Reppischtal nur noch Schlafdörfer sind? Weil alle, die weiter weg von Zürich sind, halt die neue Autobahn nehmen, also niemand mehr auf der Heimkehr mal noch was einkauft in jener Metzgerei, ist der Umsatz halt so tief, dass ein Geschäft mit lokalem Einflussbereich halt nicht mehr durchhalten kann.

Ok, alles wandelt, nichts ist beständig. Philosophie und Wahrheit kennen diesen Satz. Kann oder soll man sich dagegen wehren? Naja, es lässt sich diskutieren, gerade angesichts der Verkehrsinfarkt-Problematik und des Problems, dass wir nicht mehr da wohnen, wo wir arbeiten - eventuell wird das die Ökologie regeln - auf die warme Art. Alles wandelt. In der Zwischenzeit muss dieses Metzgerei-Inhaber-Paar noch weiterleben und ihren Unterhalt mit Geld erledigen. Eventuell müssen sie wegziehen, wer weiss.

Auf jeden Fall ist es klar, dass ein Strukturwandel auch die Demographie ändert. Denn ein Junger findet in Schlafdörfern keine Arbeit (mehr) - würde er sogar noch dort bleiben oder in so ein Dorf hinziehen wollen. Er könnte das aber tun, hätte er ein bedingungsloses Grundeinkommen. So könnte eine Dienstleistung im Dorf bleiben, selbst wenn sie eigentlich nach heutigen Massstäben unrentabel ist. Wobei klar ist, dass Rentabilität ja nicht alles Lebenswichtige erfasst oder misst.

Ich als einer, der gelassene Ruhe vor Lautheit immer bevorzugt, finde es zwar nett, dass ich mit dem Cabrio die ländliche Agglomeration gemütlich cruisend geniessen kann, weil all die Gestressten auf den Autobahnen im Stau stehen oder rumrasen. Dass ich da aber auch durch scheinbar leblose Käffer fahre, stimmt mich halt schon bedenklich. Ist dieser Lebensstil unserer Gesellschaft wirklich nachhaltig? Ich denke bisher, klar nein.

Wie ist es denn, wenn die Pendler, die jetzt eben in diesen Schlafdörfern leben und deren Sozialkontakte aber in der Stadt sind, alt und pensioniert werden, nicht mehr pendeln dürfen/müssen? Haben alle die Kohle, dass sie sich diese Art leisten können? Wie gestaltet sich deren Leben, wenn sie mal nicht mehr arbeiten müssen? Dahinsiechend in scheintoten Schlafdörfern? Klar, provokant formuliert, aber: Bitte mal darüber nachdenken, die's betrittf. Und dann entsprechend handeln.

Ceterum censeo: Think globally, act locally.

PS: Konkreterweise: Macht mal einen Umweg und geht Fleischwaren in Äugst am Albis kaufen.

Und wieder ein Argument fürs bedingungsloses Grundeinkommen

Der Titel sagt es - diesmal ein Argument, das gar nicht so offensichtlich, aber logischerweise zum bedinungslosen Grundeinkommen führen muss ... wenn es nach mir ginge.

In den lokalen Medien erschien vor Tagen die Nachricht, dass eine kleinere Gemeinde eine Asylanten-Familie mit CHF 700'000.- pro Jahr unterstützen muss. Diese Familie habe 6 Kinder und die Mutter müsse diese alleine erziehen. Pro Monat müsse diese Gemeinde 60'000.- aufwenden. Nicht, dass diese Familie dieses Geld bekäme, es fliesst in die Taschen der beauftragten Betreuungsfirmen. Nach einer Regulierungsänderung vor wenigen Jahren müssten die Gemeinden nur noch zahlen, könnten jedoch nicht mehr bestimmen, was bezahlt werden muss. Eine psychologische Betreuung für CHF 135.-/Std. belastet also die Allgemeinheit. Der Nutzen davon spielt keine Rolle bzw. ist kein Kriterium zur Bereitstellung der Leistung. Einforderbar ist das. So ist unsere Gesetzeslage.

Nun fragt sich manch Normalverdiener, der sagen wir mal 70'000.- pro Jahr macht, wieso die Gemeinde von seinen Steuern eine einzige Familie unterstützen muss, die zehnmal mehr kostet als er verdient. Diese Gemeinde hat ca. 5% Asylbewerber, nicht alle müssen derart unterstützt werden. Dennoch: Die Kosten der Sozialhilfen explodieren, die Gemeinde darf nur noch zahlen, und die normalen Bürger fragen sich, wohin sowas denn führt.

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Einsicht, Abstand halten, nicht einmischen, geschehen lassen (können)

Heute war bei Lanz' Talkshow eine sehr interessante Diskussion, in der Ferdinand von Schirach, seines Zeichens Schriftsteller und Strafverteidiger, anwesend war. Es kam zur Diskussion, ob man angesichts der ISIS Bedrohung den Kurden Waffen schicken soll oder nicht. Er sagte, dass es aus Prinzip nicht geschehen dürfe, auch wenn er keine andere Lösung kenne. Eine seiner Aussagen ist, dass der Terrorismus über die Demokratien unserer Art entscheiden würde.

Seine Ausführungen waren dann in der Basis folgendermassen: Unsere Demokratie ist ein Gebäufe von Verhaltensprinzipien, die wir in Verfassungen deponieren und als höchste und hehrste Ziele anschauen. Unsere Gerichte sollen diesen Zielen folgen und in Streitfällen danach Recht sprechen. Wir als humanistisch geprägte Europäer folgen diesen Prinzipien immer (noch).

Er brachte das Beispiel: Wenn man wisse, dass ein Terrorist in Hamburg eine Zeitbombe deponiert habe, und man ihn gefangen hätte und der nichts sagen will, würde man ihn foltern? Selbst wenn man dies dann täte, und es stellte sich heraus, dass der Terrorist abgehärtet ist und nichts verrät, würde man dessen Tochter hernehmen und sie foltern, um ihn zum Sprechen zu bringen?

Oder etwas Humoristischer: Dank unserer Prinzipien kann man gefahrlos zum Arzt gehen, denn: Man stelle sich vor, man selbst kommt mit einem relativ harmlosen Husten in ein Wartezimmer, drei Patienten schon da, alle sehr akut krank. Einer hat Leukämie, der andere Gelbsucht, der dritte versagende Nieren. Würde der Arzt nicht nach Prinzipien handeln, könnt er einen grad packen, anästhesieren und ausnehmen, um den einen für die drei zu opfern. Was für ein Glück haben wir ...

Das Dilemma ist nicht neu und es wird immer wieder mal abgehandelt, auch in Unterhaltungsserien wie Star Trek. Dort kennen gerade die Vulkanier den Text "Das Wohl der Mehreren ist wichtiger als das Wohl des einzelnen". Darüber stolpern die Erdlinge dann regelmässig, weil sie sich dieser Mathematik oder zwingenden Logik nicht ergeben wollen, wenn es mal darum geht, eine Person zu opfern, um vermutlich mehrere zu retten.

Dies ist genau das Thema. Was kann mensch tun, wird er so einer Situation wie mit der ISIS gewahr? Schirach sagte, dass man die Waffen nicht zurückholen können werde, wenn man sie jetzt den Kurden lieferte - unter dem Vorwand des Kampfes gegen eine echte grosse Bedrohung. Denn wenn sich dort die Verhältnisse drehen, haben dann eventuell grad die Leute diese modernen Waffen in Händen, gegen die sie eigentlich hätten eingesetzt werden sollen. Dass dies so passiert, wurde ja schon in Syrien und anderswo bewiesen. Gerade Schweizer Handgranaten sind bei den Saudis mal aufgetaucht etc. etc.

Dass man den Weg der Waffen nicht kontrollieren kann, ist also eigentlich bewiesen. Selbst mangels anderer Lösungen sagt Schirach, man solle nichts liefern, damit man eben die Prinzipien erhalten könne. Denn wenn man nur für ein einziges Mal halt doch foltere - und eben das Wohl der Mehrheit über das des einen setze -, dann bleibt es nicht dabei. Es ist halt der Sündenfall. Schirach sagte, dass auch gerade die Amis, die auch eine moderne Verfassung haben, diesen Sündenfall schon unzählige Male begangen haben, sehr unrühmlich dabei Guantanamo.

Was bleibt denn da? Zuschauen und sich nicht einmischen. In den Star Trek Serien ab TNG gibt es die oberste Direktive des "Nicht einmischen". Uns Menschen fällt das offenbar einfach schwer, weil wir alle meinen, wir würden Einfluss nehmen können. Und wohl weil wir meinen, dass gerade wir selbst genau wüssten, wie etwas gelöst werden müsste.

Wer in seiner eigenen Geschichte schon einmal in der schonungslosen und ehrlichen Rückschau erkannt hat, dass er sich aber sowas von geirrt hatte, dennoch damals absolut überzeugt von der Richtigkeit gewesen war, der weiss, was ich hier meine.

In der aktuellen Zeit ist Aktionismus eher akzeptiert als Zurückhaltung. Die aktuelle Beschleunigung des scheinbaren Lebens scheint das so zu wollen. Ich persönlich war immer schon eher behäbig, obwohl früher sehr impulsiv. Wahrscheinlich bin ich beides immer noch. Dennoch ist entspricht es jetzt meiner Einsicht, dass man sich wirklich nicht einmischen sollte. Nur, wenn ich das so sage, meine ich natürlich auch, dass man sich auch dann nicht einmissen sollte, wenn man Geld verdienen kann. Nicht Einmischen heisst auch, dass man sich auch dann fernhält, wenn es einem Freude macht, nicht nur dann, wenn es übel ist. Es gibt kein Rosinenpicken. Oder wenn man sich doch nicht zurückhalten kann, so gilt der Satz, wer A sagt, muss auch B sagen. A haben wir alle schon zu oft gesagt, drum blüht uns halt nun das B. In der Schweiz ist es ja auf nationaler Ebene auch so: Sollen wir unsere politische Neutralität aufgeben? Die Frage ist wohl nur deshalb so knackikg, weil die Schweiz schon zu oft A gesagt hat und sich nun windet, irgendein B zu sagen.

Ist es eventuell die Lernaufgabe des Menschen, auszuhalten, was er sieht, ohne sich einzumischen? Weil das Leben eine umfassendere Struktur ist als die Einzelmasken? Können wir aushalten zu sehen, was im Irak derzeit geschieht? Können wir dieser Region erlauben, das zu machen, was sie eh machen wird, ob wir es nun beeinflussen könnten oder nicht? Oder haben wir Angst davor, im eigenen Haus die Struktur zu verlieren?

Klar haben wir die, denn wie Schirach sagte, der Terrorismus entscheidet über unsere Demokratien. Wissen wir doch, dass in unseren Demokratien auch nicht alles so funktioniert, wie es den Prinzipien entsprechend sein sollte. Unsere mühsam seit vielleicht grad mal 250 Jahren mehrheitlich unterstützten humanistischen Prinzipien stehen eventuell immer noch auf tönernen Füssen. Weil sie vielleicht nicht auf Einsicht, sondern als minimaler Common Sense etabliert wurden.

Einsicht ist sowieso eine rarere Resource als das seltenste chemische Element: Am selben Abend kam zuvor noch Harald Leschs Sendung, in der er über die Effekte der Klimaerwärmung ausführt, und dass man bereits eine minimale Abnahme des Sauerstoffgehalts in der Atmosphäre feststellen könne, weil die Masse des Phytoplanktons, der in den Ozenanen gut 50% des Sauerstoffs herstellt, spürbar abnehme, weil ... weil ... weil ... - eine ganze Kette von Zusammenhängen, die die Wissenschaft erkennen konnte. Die aber mangels Einsicht von uns allen geflissentlich ignoriert werden. Im Rahmen dieser Argumentation verkündete er Meinungen, dass bis 2050 das Ende der bekannten Fischerei erreicht sei, weil es aufgrund der Klimaerwärmung in den Ozeanen derartige Umwälzungen gebe, dass ... und dass ... weil .... weil ...

Für mich war dieser Abend heute wieder mal etwas zu viel, als dass ich es einfach so beobachten konnte. Drum schrieb ich diesen Artikel. Weil es mich oft halt einfach ankackt, wie ignorant die allermeisten Menschen sind. Dabei sind wir Europäer alle im Geiste eines erzogen worden, der da sagte "Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun". Ich habe jedoch die düstere Ahnung, dass da kein Herr ist, der die Physik für uns Deppen ändern wird ...

So bleibt uns halt die unedelste aller Lernmethoden: das Erleiden.

Initiative zum Mindestlohn vom 18. Mai

Ich finde die Diskussion darum ja sehr interessant, weil sie ethische Aspekte und wiedermal wirtschaftliche Bedingungen einander gegenüberstellt. Das Ethische ist die Frage, ob man in der derart monetarisierten Gesellschaft einen Menschen als Lebewesen mit einem Verwirklichungspotential sieht, das er erleben können soll. Wenn ja, dann hätte die Gesellschaft die Aufgabe, jedem Menschen eine würdevolle Lebensumgebung zu schaffen. Die gesellschaftliche Rahmenbedingung heisst derzeit Wirtschaftlichkeit. Sie ist leider nicht nur Rahmenbedingung, sondern vielerorts Prämisse.

Unter dem Diktat der Wirtschaftlichkeit ist der Mensch eine Resource, nichts weiter. Es werden Arbeitskraft gegen Produktionsvolumen gestellt, was dann u.a. zu so schönen Begriffen wie Lohnstückkosten führt, woran man die Verplanung der menschlichen Fähigkeiten im Produktionsprozess erkennen kann. In Griechenland sei dieser Wert wieder gesunken, was gut für die Wirtschaft sei. Aha.

Wie dem auch sei. In der Schweiz kennen wir sogenannte strukturschwache Regionen - und wenn man nachfragt, wie die entstehen, klingt es doch oft so: Die Arbeitsangebote tummeln und zentrieren sich in Ballungszentren, draussen Umland mangelt es an Arbeit. Junge Familien müssen daher dorthin ziehen, wo die Arbeit ist, denn die Arbeit, die bei ihnen vor Ort ist, wird nicht so bezahlt oder ist nicht attraktiv genug.

Egal, wie es dazu kommt, dass Leute abwandern in die Ballungszentren: Es ist ein Teufelskreis. Wer was verdienen will, geht in die Stadt, weil die Chancen dort besser seien. Und draussen können die dortigen Firmen nicht dasselbe bezahlen, was Konzerne in der Stadt können. Hat einer also eine Familie zu ernähren, wäre sein Lieblingsarbeitsort sogar am Wohnort, so muss er vielleicht dennoch in die Stadt abwandern, um für seine Familie ausreichend sorgen zu können.

Würde überall in der Schweiz ein Mindestlohn gelten, dann könnten Leute auch auf dem Land gut leben und müssten nicht mehr dem Geld nachziehen. Geld bliebe so auch vermehrt auf dem Land, was wiederum Leute dort behalten kann - und wo Leute leben, siedeln sich andere Arbeitgeber an. Denn es geht ja immer nur darum, kann ein Landbewohner auch auf dem Land so gut leben, dass er dort nicht mehr weg muss, wenn er nicht will. Es würde ihm sogar mehr bleiben, weil die Transportkosten (Arbeitsweg, Fahrzeug) sich reduzierten.

Ich könnte mir gut vorstellen, dass ein Mindestlohn in der ganzen Schweiz grade strukturarmen Gebieten wieder zu Aufschwung verhelfen könnte. Und die Vermeidung von Strukturverlust ist doch auch ein grosses Thema in der Politik.

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